1. Oktober 2011

Robert le Diable – Samuel Bächli.
Theater Erfurt.

19:30 Uhr, Parkett links, Reihe 4, Platz 15















Der schmucklose Neubau befindet sich auf einem großzügigen Platz unterhalb der Zitadelle und bietet in der Tat einen interessanten Kontrast zum ansonsten weitgehend historischen Gepräge der Stadt. Auf den einzelnen Foyer-Ebenen dominiert die äußere Form des Saales, die in der Decke der Bar im Untergeschoß ihren güldenen Abschluß findet. Der Saal selbst bietet eine vorzügliche Akustik.

Das Sängerensemble hat ein gutes, Teilweise sehr gutes Niveau. Das Timing ist nicht immer glücklich, das Dirigat könnte deutlich präziser, ausgefeilter sein. Das würde den Sängern, die z.T. über enormes stimmliches Potenzial verfügen, sicher helfen, eben dieses Potenzial besser zur Geltung zu bringen. Ein Beispiel dafür ist der erste Auftritt der Alice, bei dem die Lyrik eindeutig zu kurz kommt. Überhaupt wird häufig über schöne Stellen achtlos hinweggaloppiert. Dabei steht dem Dirigenten ein gutes Orchester zur Verfügung, insbesondere das Blech ist sehr schön.

Die Inszenierung ist ambitioniert, tut Meyerbeer aber keinen Gefallen. Zumindest nicht in Erfurt. Der Saal ist mäßig besetzt, das Geschehen stößt offenbar nicht auf Verständnis oder gar Anteilnahme beim Publikum. Schade, ist die Inszenierung doch durchaus plausibel und wartet mit einer sehr individuellen Personenregie auf. Aber ein Irrenhaus als Spielort ist dem Erz-Erfurter offenbar schon zuviel. Tröstlich bleibt allein, daß Meyerbeer zumindest die Liebhaber anlockt, wie ich einigen kurzen Gesprächen entnehmen konnte (Bielefeld, Aachen, Berlin ... und eben Hamburg).

Für mich als Meyerbeer-Neuling interessant: an manchen Stellen wird offenbar aus Rücksichtnahme auf die Sänger „gemogelt“ – den ein oder anderen Spitzenton aus meiner Pariser Aufnahme habe ich vermißt. Darüber hinaus erscheint es mir etwas befremdlich, mitten im dritten Akt die Pause zu setzen, sofern ich da keinen Aussetzer hatte. Das Ballett im Leichenschauhaus mit Zombie-Nonnen ist insgesamt gelungen, krankt jedoch in der Choreografie an einigen allzu deutlichen „Thriller“-Reminiszenzen.

Fazit: Stell Dir vor es ist Robert in Erfurt und keiner geht hin. Schade, schade, schade, an der musikalischen Qualität hat es jedenfalls nicht gelegen. Könnte mir im Prinzip egal sein, wenn mich nicht die Befürchtung beschleichen würde, daß angesichts solcher (Nicht-)Reaktion „Ausgrabungen“ dieser Art womöglich in Zukunft weniger unternommen werden könnten.


Giacomo Meyerbeer – Robert le Diable
Musikalische Leitung – Samuel Bächli
Inszenierung – Jean-Louis Grinda
Bühnenbild – Hank Irwin Kittel
Kostüme – Carola Volles
Choreografie – Eugénie Andrin
Chor – Andreas Ketelhut
Dramaturgie – Dr. Berthold Warnecke

Robert – Erik Fenton
Bertram – Vazgen Ghazaryan
Raimbaut – Richard Carlucci
Alberti – Gonzalo Simonetti
Isabelle – Claudia Sorokina
Alice – Ilia Papandreou
Ein Herold – Dirk Biedritzky
Zeremonienmeister des Königs – Ralf Lindner
Ehrendame – Susann Ventil
Tänzerinnen – Nadia Dagis, Corinna Horvath, Sandra Lommerzheim