26. März 2011

Siegfried – Stefan Soltesz.
Aalto-Theater Essen.

17:00 Uhr, Parkett Mitte, Reihe 1, Platz 21


Generelles: Der Bau wirkt nicht sehr erbaulich, zumindest von außen nicht. Das Foyer hat seinen Reiz, viele Details (Lampen, Fliesen) wirken aber weniger designig als vielmehr überlebt.

Erster Akustikeindruck gut. Durchhörbar, klar. Ein schöner Orchesterklang tut sein Übriges. Gleich der Einstieg (Fagotte) schön zart, Blech samtig-drohend – fein! Das ist ein gutes Orchester. Trotzdem hätte insbesondere zum Ende des ersten Aktes mehr Schmackes da sein dürfen (Dirigent nimmt Rücksicht auf seinen schwachen Siegfried, könnte aber ohnehin mehr Temperament zulassen). Das ist verspieltes Potential. Mehr Leidenschaft bitte! Sänger: Mime nicht schlecht! Immer präsent und sehr textverständlich, vorbildlich. Passend dazu ein sattelfester Wotan, der die Szene stimmlich beherrscht. Offenbar leicht erkältet. Nun zu Siegfried: Null verständlich, keine Stimme (weder Strahlkraft noch Klangfarbe). Das kann ja heiter werden. Bezeichnend: Kein Rhythmusgefühl in der Schmiedeszene! Tapsiger, unschneidiger Kerl. Inszenierung: Pseudomodern/ ultrakonservativ. Insgesamt langweilig. Ein paar Projektionen machen den Kohl auch nicht fett.

2. Akt: Höreindruck wie gehabt. Da fehlt das Feuer. Zum Glück gibt es einen guten Alberich, der stimmlich und darstellerisch zu überzeugen weiß. Krücken-Gang gelungene Idee. Rätsel: versehrte Gestalten kriechen während des Konflikts Alberich/Mime über die Bühne (?). Drache als Wellen/Hügelgebilde, pulsierend, dampfend. „Kampf“ recht öde. Und wieder: Siegfried ist der Schwachpunkt des Abends. Schade. Und warum ist der Waldvogel im Käfig? Mime wieder ein Lichtblick (Mordphantasien). Und noch einmal: Soltesz mit Handbremse, zu „gepflegt“.

3. Akt: Optisch eindrucksvollste Szene: Brünnhildenfelsen (Komet). Beginn mit Stuhlgewerfe nicht so dolle, dafür mit sängerischem Höhepunkt durch Wotan. Brünnhilde allenfalls passabel, dennoch im Finale die Stütze, verglichen mit dem unterirdischen Siegfried. Orchester z.T. nun doch überfordert (schnelle Violingeschichten, kleine Blechunsicherheiten) aber der gute Klanggesamteindruck bleibt bis zum Schluß bestehen. Hier und da kommt Soltesz jetzt auch aus dem Schuh, aber zu selten. Erster und einziger dynamischer Durchbruch zum Beginn des Finales relativiert den gediegenen Akustik-Eindruck – es geht schon, wenn man will. Das Publikum schätzt die Sängerleistung (bis auf einige Siegfried-Ausreißer) richtig ein.

Fazit: Ein Orchester mit Potential unter Wert verkauft. In einem guten Ensemble enttäuscht leider gerade die Hauptpartie. Inszenierung zu vernachlässigen.


Richard Wagner – Siegfried
Musikalische Leitung – Stefan Soltesz
Inszenierung – Anselm Weber
Bühne – Raimund Bauer
Kostüme – Bettina J. Walter
Video – Bibi Abel
Licht – Dirk Beck
Dramaturgie – Bettina Bartz
Szenische Leitung der Wiederaufnahme – Carolin Steffen-Maaß

Siegfried – Jonny van Hal
Mime – Albrecht Kludszuweit
Der Wanderer – Almas Svilpa
Alberich – Oskar Hillebrandt
Stimme des Fafner – Marcel Rosca
Erda – Kismara Pessatti
Brünnhilde – Kirsi Tiihonen
Stimme des Waldvogels – Christina Clark

Essener Philharmoniker
Statisterie des Aalto-Theaters