28. Januar 2012

Stuttgarter Philharmoniker – Jonathan Stockhammer.
Liederhalle Stuttgart.

19:00 Uhr, Parkett Mitte, Reihe 12, Platz 50


















Charles Ives – Psalms a capella
Charles Ives – The Unanswered Question
Francis Poulenc – Gloria

(Pause)

Igor Strawinsky – Bläsersinfonie

Igor Strawinsky – Psalmensinfonie

(Jeanette Köhn – Sopran, Gächinger Kantorei Stuttgart)



Ein Programm ausschließlich mit Werken, die mehr oder weniger offen geistliche Bezüge aufweisen – da ist es zumindest nachvollziehbar, daß der Redner der Einführung als Klammer für seinen Vortrag die Werke mit dem konfessionellen Hintergrund der Komponisten (nicht allein den persönlichen, sondern auch den auf den jeweiligen Kulturkreis bezogenen) in Verbindung bringt. Die Formel, die dann am Schluß im Raum steht – hier protestantische, da katholische und dort orthodoxe Musik – scheint mir dann aber doch ein wenig zu vereinfacht.

Das Konzert nahm mit der nahtlosen Wiedergabe der beiden Ives-Stücke seinen Anfang, wobei die Darbietung von „The Unanswered Question“ als eine Art Rauminstallation durchgeführt wurde. Die Streicher spielten vor den Blicken der Zuhörer verborgen, die Solotrompete stellte ihre Frage von wechselnden Standorten im Saal, allein die Holzbläser befanden sich auf der Bühne. Leider trug diese Art des Vortrags, neben der offenkundigen „Neuheit“ des Stücks nicht dazu bei, das Interesse und die Konzentrationsfähigkeit der Hörerschaft zu wecken: Unverstandene Musik im Lungensanatorium. Sehr schade, war die Aufführung an sich doch durchaus gelungen. Das Publikum schien an diesem Abend generell mit der Programmzusammenstellung überfordert. Die Psalmensinfonie wurde mir regelrecht kaputtgequatscht.

Die musikalische Durchführung geriet ordentlich, mehr jedoch leider nicht. Die Philharmoniker scheinen mir ein brauchbares Orchester zu sein, das hier und da zu glänzen vermag, insgesamt jedoch beispielsweise hinter den Kollegen der Oper deutlich zurücksteht. Einzig die Solo-Oboe möchte ich von jeglicher Kritik ausnehmen – der Herr stach mit seinem virtuosen, butterweichen Spiel eindeutig hervor. Das Dirigat ging in Ordnung, im Gloria, das mir im Gegensatz zu den Strawinsky-Stücken besser geläufig ist, bestand deutlich Luft nach oben, was Differenzierung und Präzision anging. Die Sopranistin hat keine schlechte Stimme, da ist schon viel von der Zart- und Klarheit, die man für die Partie braucht. Leider hat sie darüber hinaus die Angewohnheit, angesetzte Tonhöhen permanent korrigieren zu müssen (zu Recht!), so daß von sicherer Stimmführung nicht die Rede sein kann. Rückhalt des Abends war eindeutig der Chor, der sich keine Blöße gab.

Lohnende Neuentdeckungen stellten für mich die beiden Strawinsky-Werke dar. Insbesondere die Psalmensinfonie mit ihren glockenhaften, erhabenen Harmonien hat es mir angetan. Da werde ich doch zu Hause gleich mal die entsprechende Solti-Aufnahme hervorkramen, um das zu vertiefen.