9. Juni 2013

Der Ring des Polykrates / Violanta – Roland Techet.
Theater Augsburg.

14:30 Uhr Einführung, 15:00 Uhr, Parkett links, Reihe 4, Platz 14


Große Erwartungen in Augsburg: Gleich zwei Erstbegegnungen an einem Abend mit Werken aus der Feder des geschätzten Tonsetzers. Und auf Korngold ist Verlass. Kommt „Der Ring des Polykrates“ noch als heitere Vorspeise daher, hinterläßt „Violanta“ gleich nach dem ersten Erleben einen starken, aufwühlenden Eindruck, der den Weg zur „Toten Stadt“ eindrucksvoll aufzeigt. Wie schon beim „Mahagonny“ vor zwei Jahren bestätigte sich, daß man Augsburg beruhigt in seine Saisonplanung einbeziehen kann, sowohl musikalisch als auch insbesondere szenisch wurde ich wieder nicht enttäuscht.

Der Ring des Polykrates kommt als harmloses Lustspiel mit den beliebten Zutaten Intrige, Eifersucht und Liebesbeweis daher, das durch die Inszenierung allerdings eine weiterführende Lesart erfährt. Natürlich findet auch hier das junge und das ältere Glück wie vorbestellt nach kleinen Turbulenzen zusammen. Die eingebrachten Bezüge zum ersten Weltkrieg nehmen dem Stück allerdings einiges von seiner unbeschwerten Komik, sind angesichts der Entstehungszeit der Oper aber durchaus nachvollziehbar und rücken den glückseligen Mikrokosmos bei Kapellmeisters in ein elitäres, weltflüchtiges Licht. Der alte Freund ist hier weniger Intrigant und Störenfried als vielmehr lästiger Vorbote von Umwälzungen, die den auch im Bühnenbild angelegten goldenen Käfig der Glückskinder bedrohen. Der Rausschmiss des „Übeltäters“ erhält somit eine kaltherzige Note, die zum Nachdenken anregt, jedoch von Korngold für seine Komödie sicher so nicht beabsichtigt war. Besondere Erwähnung verdient die Ausnahmestimme von Sophia Christine Brommer, die mit ihrem lieblichen Gesang das Ohr verwöhnte und den Hauptpartien beinahe die Schau stahl.

Der eigentliche musikalische Leckerbissen folgte dann nach der Pause mit besagter „Violanta“, ein Werk das den Vergleich beispielsweise zu den wunderbaren Zemlinsky-Einaktern absolut aushält. Inhaltlich und von der Anlage gibt es Parallelen zur ein Jahr später uraufgeführten „Florentinischen Tragödie“ und auch zur Straussschen „Salome“, insbesondere was das auf die weibliche Hauptrolle fixierte Finale angeht. Komponierter Rausch und Sinnlichkeit in einem düsteren, schwer lastenden Gesamtgefüge zeigen Korngolds Mittel musikalischer Opulenz und Raffinesse bereits hier auf höchstem Niveau. Das Theater Augsburg trägt diesem Anspruch mit einer konzentrierten Umsetzung Rechnung, wie man sie sich für eine Erstbegegnung wünschen kann.

Orchester, Chor und Solisten beweisen sich dabei in einer stimmungsvollen Inszenierung, die das innere Ringen der Hauptpersonen konsequent in den Mittelpunkt rückt. So schaffen Regie und Bühnenbild auch ohne naturalistisches Dekor mit einfachen Mitteln eine Atmosphäre, die zwischen der lustvollen Ausgelassenheit des Karnevals und stetiger Todesahnung pendelt. Das Bild des goldenen Käfigs wird wieder aufgegriffen und betont die Gemeinsamkeit beider Stücke, sich mit innerem und äußerem Glück auseinanderzusetzen. Von den Sängern bildet hier ohne Frage Sally Du Randt in der Titelpartie den Fixstern, um dessen Glanz sich die übrigen gelungenen Leistungen gruppieren. Frau Du Randt verfügt dabei über eben jene stimmlichen und darstellerischen Fähigkeiten, die zentrale Ambivalenz der Figur zwischen unterdrückter und überströmender Sinnlichkeit und Lust glaubhaft zu verkörpern. 

Am Ende stehen die wohlige Gewissheit eines gelungenen Opernbesuches und der freudige Eintritt eines „neuen“ Vertreters in den eigenen Bekanntenkreis großer Werke.


Erich Wolfgang Korngold – Der Ring des Polykrates / Violanta
Musikalische Leitung – Roland Techet
Inszenierung – Markus Trabusch
Bühne – Volker Hintermeier
Kostüme – Su Bühler
Licht – Kai Luczak
Choreinstudierung – Katsiaryna Ihnatsyeva-Cadek
Dramaturgie – Katharina John

Der Ring des Polykrates

Wilhelm Arndt, Hofkapellmeister – Niclas Oettermann
Laura, dessen Frau – Sally du Randt
Florian Döblinger, Paukist und Notenkopist – Christopher Busietta
Lieschen, bei Laura bedienstet – Sophia Christine Brommer
Peter Vogel, Wilhelms Freund – Giulio Alvise Caselli

Violanta

Simone Trovai, Hauptmann der Republik Venedig – Stephen Owen
Violanta, seine Gattin – Sally du Randt
Alfonso, Sohn des Königs von Neapel – Ji- Woon Kim
Giovanni Bracca, ein Maler – Niclas Oettermann
Bice – Sophia Christine Brommer
Barbara, Violantas Amme – Kerstin Descher
Matteo – Giulio Alvise Caselli
1. Soldat – Gabor Molnar
2. Soldat – Daniel Holzhauser
1. Magd – Susanne Simenec
2. Magd – Stephanie Hampl

Opernchor, Extra-Chor und Statisterie des Theaters Augsburg
Augsburger Philharmoniker