26. März 2017

Die lustige Witwe – Florian Erdl.
Theater Itzehoe.

15:00 Uhr, Parkett links, Reihe 3, Platz 19



Diese Produktion des Landestheaters Schleswig-Holstein vereint alle Zutaten, die man für einen perfekten Operettenabend benötigt. Ein gut aufgelegtes Orchester mit einem Dirigenten, der einerseits für Elan und Spritzigkeit sorgt, auf der anderen Seite auch ein Gespür dafür besitzt, Gefühlvolles und vor allem Sentimentales davor zu bewahren, in Kitsch abzugleiten. Dazu genau die richtige Mischung aus eher sängerisch und eher schauspielerisch prädisponierten Darstellern, wobei Überschneidungen in beiden Richtungen natürlich wünschenswert und, wie man heute wieder erleben konnte, kein Ding der Unmöglichkeit sind.

Ob es Anna Schoeck in der Titelpartie ist, die über ihr vorzügliches stimmliches Ausdrucksvermögen hinaus auch darstellerisch die gesamte Klaviatur von kokett über sinnlich bis verletzlich beherrscht, oder Ansgar Hüning als Graf Danilo, bei dem der Schwerpunkt noch mehr auf dem Schauspiel liegt, so dass er die Partie über reinen Schöngesang hinaus mit Charakter füllt – bis hin zum Sprechgesang, bzw. halb Gesungenem, halb Gefluchtem in der großen Eifersuchtsszene. Und zu guter Letzt hilft es, ein derart beliebtes wie unverwüstliches Werk wie Die lustige Witwe mit einer dienlichen wie visuell opulenten, die Schauwerte stetig steigernden Inszenierung funktionieren und trotzdem glänzen zu lassen. Allein die simple wie effektvolle Integration des Fächers als Leitmotiv in das Bühnenbild zeugt von einem Regieteam mit kreativem Blick für das Wesentliche. Nicht unerwähnt bleiben dürfen auch die mitreißenden Auftritte des Ballettensembles.

Wenn all diese Faktoren – so wie heute – zusammentreffen, hat Operette nichts Belächelnswertes für den Musiktheaterfreund. Die kleine Schwester der Oper behandelt das allzu Menschliche, die vermeintlich banalen Fallstricke menschlicher Beziehungen mit dem Mittel der humoristischen Übertreibung und Entlarvung nicht weniger intelligent oder tiefsinnig als manch brütendes Sittengemälde. Die einfache, teils karikaturhafte Charakterzeichnung sollte man nicht mit Seichtheit verwechseln, wenn es darum geht, uns, sicher auf humorvolle, unterhaltsame Weise, den Spiegel vorzuhalten. Wir erblicken Menschen, die den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen (wollen). Menschen, die sich (mit ihrem Ego oder falschen Stolz) selbst im Weg stehen. Die Tragik des Banalen ist unter dem Brennglas nicht weniger tragisch als jene der Dinge, die die Welt bedeuten – bzw. doch oft ein und dasselbe.

Es gäbe heute vieles im Detail zu loben und besondere Leistungen hervorzuheben, ich möchte es aber einfach mal bei folgendem Fazit belassen: Wenn’s stimmt, dann stimmt’s.


Franz Lehar – Die Lustige Witwe
Musikalische Leitung – Florian Erdl
Inszenierung – Markus Hertel
Ausstattung – Erwin Bode
Choreinstudierung – Bernd Stepputis
Choreografie – Catalin Tiganasu
Dramaturgie – Anne Sprenger

Baron Mirko Zeta – Markus Wessiack
Valencienne, seine Frau – Tina Marie Herbert
Graf Danilo Danilowisch – Ansgar Hüning
Hanna Glawari – Anna Schoeck
Camille de Rosillon – Christopher Hutchinson
Vicomte Cascada – Marian Müller
Raoul de St. Brioche – Samuel Smith
Bogdanowitsch – Kai-Moritz von Blanckenburg
Sylvaine – Alma Samimi
Kromow – Lucian-Nicolaie Cristiniuc
Olga – Eva Eiter
Pritschitsch – Octavian Georgescu
Praškowia – Rhonda Lehmann
Njegus – Jürgen Böhm
Lolo – Anja Herm
Dodo – Tamirys Candido
Jou-Jou – Yuri Tamura
Frou-Frou – Risa Tero
Clo-Clo – Anna Schumacher
Margot — Tanja Probst

Opernchor, Damen des Extrachors und Herren der Ballettcompagnie, Statisterie
Schleswig-Holsteinisches Sinfonieorchester