27. Januar 2018

Münchner Philharmoniker – Valery Gergiev.
Elbphilharmonie Hamburg.

20:00 Uhr, Etage 12, Bereich D, Reihe 9, Platz 1


Johannes Brahms – Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90

(Pause)

Richard Strauss – Ein Heldenleben op. 40
Zugabe:
Claude Debussy – Prélude à l’après-midi d’ un faune



Eine Menge Münchner in Hamburg, oder: die zwei Gesichter des Valery G. Nach der pfeilschnellen Entschlackungskur für Gevatter Brahms durch Järvi und seine Bremer Stadtmusikanten (Link) heute das extreme Gegenteil. Eine mehr als üppige Besetzung, breiteste Tempi, kombiniert mit nahezu brucknerscher Weihe und Wucht geben der dritten Sinfonie ein Gepräge, welches den Post-Beethoven-Zug zugunsten eines Super-Spätromantik-Sounds verwirft. Das Spannendste an dieser „Umkehrung“ – dass sie bestens funktioniert. Bombastische Bögen, befeuert von der stetig tremolierenden Linken Gergievs, dem es trotz Schneckentempo gelingt, die Spannung zu halten und das Gefüge zu wahren, in sengender Glut mäandernd.

Seine Münchner Kollegen liefern dazu den passenden, üppig-süffigen Klang – meine Gedanken wandern neiderfüllt an die Isar, wo diese Spitzenqualität gleich in mehrfacher Ausführung anzutreffen ist. Nach dem SOdBR nutzen auch die Philharmoniker ihren Besuch dazu, davon klingendes Zeugnis abzugeben – fehlen nur noch die Damen und Herren der Bayerischen Staatsoper, die ich im März genießen darf.

Aber zurück zu Gergiev, der nach der Pause mit dem Heldenleben eine gänzlich andere Gangart einschlug, als es der Bruckner-Brahms vermuten ließ. Schneidig und flott nimmt das einleitende Thema seine abenteuerlustige Fieberkurve – der Held betritt mit Verve und Schnellkraft die Bühne, der Strauss’sche Sog reißt vom ersten Moment an mit. Dabei hetzt Gergiev mitnichten stumpf durch die Partitur. Zwar wird auf der Walstatt das Schwert äußerst flink geschwungen, die vorangehende Annäherung zwischen Held und gegeigter Gattin gibt jedoch dazu kontrastierend den wachsenden Wellen der Balz genug Raum und besticht durch große Innigkeit und Herzenswärme.

Nach zuletzt gemischten Eindrücken bezüglich der Akustik besteht der Parkettplatz den Stresstest der Riesenbesetzung durchaus, nicht zuletzt weil Gergiev sich als großer Freund eines differenzierten, aber immer homogenen Mischklangs zeigt. Während eine relativ geringe Distanz zur Bühne in meinen Ohren häufiger schon mit Schroffheiten quittiert wurde, regiert heute der Wohlklang. Da passt es auch perfekt ins Konzept, dass sich als Zugabe Debussys Faun in der Nachmittagssonne räkeln darf – ein wohlig-verträumter Abschluss für ein Gastspiel auf höchstem Energieniveau.