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28. Juni 2013

Hindemith-Einakter – Andreas Hotz.
Theater Osnabrück.

19:30 Uhr, Parkett rechts, Reihe 4, Platz 83



Es ist schon mal nicht so richtig schlau, mit dem Niederschreiben von Eindrücken so lange zu warten, bis selbige bereits beinahe drei Jahre zurückliegen. Richtig dumm wird es aber dann, wenn man sich „damals“ keine Notizen gemacht hat. Nicht. Eine. Einzige. Pech gehabt, aufgeschoben ist nicht – auch ein dummer Spruch. Wollen wir doch mal sehen, welche Erinnerungen sich noch so rekonstruieren lassen.

Die an einen rundum gelungenen Abend in erster Linie mal. Gut, das kann jeder behaupten, klingt versöhnlich und schon ist man glimpflich raus aus der Nummer. War aber tatsächlich so. Nach dem ersten Besuch des Osnabrücker Theaters zur Operngala (Link), war dies der angestrebte Test unter Repertoirebedingungen. Von Hindemiths Opern hatte ich bis dato nur „Mathis der Maler“ und „Cardillac“ live erlebt und lieben gelernt, Osnabrück sollte diese Zuneigung nun um gleich drei Kapitel auf einmal ausbauen.

Deren erstes, „Mörder, Hoffnung der Frauen“, ist mir als radikale, alles andere als sentimentale Betrachtung der Konstellation Mann und Frau im Gedächtnis geblieben, die sich vielleicht nicht unbedingt als Abendempfehlung fürs erste Date aufdrängt. Die Verlegung des zweiten Werks, „Das Nusch-Nuschi“, in die frivolen Auswüchse einer Betriebsfeier, war in seiner bissig-satirischen, entlarvenden Wirkung das szenische Prunkstück des Abends. Wobei auch der Abschluß, „Sancta Susanna“, mit seiner klaustrophobischen Inszenierung der unheilvollen Mutter-Tochter-Drangsal eine schlüssige Überführung des geistlichen Inhalts ins Privat-Säkulare bot.

Eine schlüssige Einzelkritik der Mitwirkenden entbehrt nach all der Zeit leider jegliche Grundlage, dennoch wird es seine Gründe gehabt haben, daß dieser Besuch bei mir auch musikalisch äußerst positiv abgespeichert ist. Mein Fazit aus der Zeitmaschine daher: Dreimal Hindemith in Osnabrück – eine dreifach sehens- und hörenswerte Produktion.


Paul Hindemith – Drei Einakter
Musikalische Leitung – Andreas Hotz
Inszenierung – Jochen Biganzoli
Bühne – Wolf Gutjahr
Kostüme – Katharina Weissenborn
Choreografie – Günther Grollitsch
Choreinstudierung – Markus Lafleur
Dramaturgie – Ulrike Schumann

Mörder, Hoffnung der Frauen

Der Mann – Daniel Moon
Die Frau – Lina Liu
Erster Krieger / Dritter Krieger – Mark Hamman
Zweiter Krieger – Genadijus Bergorulko
Erstes Mädchen – Susann Vent
Zweites Mädchen – Almerija Delic
Drittes Mädchen – Marie- Christine Haase

Das Nusch-Nuschi

Mung Tha Bya, Kaiser von Burma / Ein Bettler – Mark Sampson
Ragweng, der Kronprinz – Silvio Heil
Feldgeneral Kyce Waing / Der Zeremonienmeister – Genadijus Bergorulko
Henker / 1 . Herold – Daniel Moon
Susulü, der Eunuch des Kaisers – Ulrich Enbergs
Tum tum – Mark Hamman
Kamadewa / 2. Herold – Daniel Wagner
Die vier Frauen des Kaisers
Bangsa – Lina Liu
Osasa – Marie-Christine Haase
Twaise – Almerija Delic
Ratasata – Susann Vent
1. Bajadere – Marie-Christine Haase, Radoslava Yordanova
2. Bajadere – Kathrin Brauer, Susann Vent
Zwei dressierte Affen – Stefan Kreimer, Andreas Schön
Richard Wagner – Peter Kovacs
Asiatisches Vorspiel – Chihiro Meier-Tejima, Jong-Bae Bu, Mario Lee, Ji-Seong Yoo

Sancta Susanna

Susanna – Lina Liu
Klementia – Almerija Delic
Alte Nonne – Eva Gilhofer

Chor und Extra-Chor Herren des Theaters Osnabrück
Osnabrücker Symphonieorchester

8. Juli 2012

Operngala. Osnabrücker Symphonieorchester.
Theater Osnabrück.

19:30 Uhr, Orchesterreihe links, B 24














Louis Joseph Ferdinand Hérold – Zampa, Ouvertüre
(Daniel Inbal – Dirigent)
Georg Friedrich Händel – Ezio, „Già risonar“
(Genadijus Bergorulko – Varo, Benjamin Schneider – Dirigent)
Wolfgang Amadeus Mozart – Konzertarien
„Così dunque tradisci“ – „Aspri rimorsi atroci“ KV 432
(Mark Sampson – Bass, Markus Lafleur – Dirigent)
„Ah se in ciel, benigne stelle“ KV 538
(Marie-Christine Haase – Sopran, Till Drömann – Dirigent)
Ambroise Thomas – Hamlet, „Coeur des Comédiens“ und „Chanson Bachique“
(Marco Vassalli – Hamlet, Herrenchor, Till Drömann – Dirigent)
Camille Saint-Saëns – Samson et Dalila, „Amour! viens aider ma faiblesse!“
(Eva Schneidereit – Dalila, Till Drömann – Dirigent)
Pjotr Iljitsch Tschaikowsky – Pique Dame, „Ja vas ljublju“
(Jan Friedrich Eggers – Fürst Jeletzki, Fabian Liesenfeld – Dirigent)
Umberto Giordano – Andrea Chénier, „Nemico della patria“
(Daniel Moon – Gérard, Daniel Inbal – Dirigent)

(Pause)


Jerónimo Giménez – La boda de Luís Alonso, Intermedio

(Till Drömann – Dirigent)
Franz Lehár – Giuditta, „Meine Lippen, sie küssen so heiß“
(Lina Liu – Giuditta, Daniel Inbal – Dirigent)
Johann Strauß – Eine Nacht in Venedig, „Ach, wie so herrlich zu schau’n“
(Mark Hamman – Herzog, Fabian Liesenfeld – Dirigent)
Franz Lehár – Der Zarewitsch, „Allein, wieder allein“
(Daniel Wagner – Zarewitsch, Benjamin Schneider – Dirigent)
Johann Strauß – Die Fledermaus, „Klänge der Heimat“
(Astrid Kessler – Rosalinde, Daniel Inbal – Dirigent)
Emmerich Kálmán – Die Csárdásfürstin, „Weißt du es noch“
(Eva Schneidereit – Sylva, Marco Vassalli – Edwin, Daniel Inbal – Dirigent)
Franz Lehár – Paganini, „Gern hab’ ich die Frau’n geküsst ...“
(Hans-Hermann Ehrich – Paganini, Till Drömann – Dirigent)
Carl Orff – Carmina burana, „Fortuna Imperatrix Mundi“
(Chor des Theaters Osnabrück, Markus Lafleur – Dirigent)

(Herbert Hähnel – Moderation)



Tag der Erkenntnisse in Osnabrück.

Erkenntnis 1: In einem eher kleinen Haus kann die Platznahme in der Orchesterreihe – in diesem Falle gewissermaßen fast auf dem Schoß der Mitwirkenden – zu wahrhaft ohrenbetäubenden Eindrücken führen. Hätte man sich denken können. Leider hatte ich mir bei meiner Kartenwahl seinerzeit offenbar recht wenig gedacht.

Erkenntnis 2: Es ist durchaus hilfreich und im Sinne des eigenen Ruhepulses, die Information über den letzten Zug Richtung Heimat mit einem voraussichtlichen Ende der Veranstaltung in Abgleich zu bringen. Andernfalls sitzt man bei der nicht einberechneten feierlichen Verabschiedung einiger Ensemblemitglieder durch den Herrn Intendanten kurz vor dem Finale auf sprichwörtlich glühendem, wenn auch faktisch angenehm gepolstertem Platze und sieht sich gezwungen, selbigen direkt mit dem Einsetzen des Schlußapplauses fluchtartig gen Bahnhof zu verlassen. Die gerechte Strafe erfolgt durch das Schicksal, das nach einem nächtlichen Sprint durch Osnabrück beim gerade noch rechtzeitigen Eintreffen am Gleis durch eine freundliche Stimme vermelden läßt, der betreffende Zug habe eine Verspätung von 25 Minuten. Röchel.

Erkenntnis 3: Ungeachtet der selbst verschuldeten Umstände besitzt das Theater Osnabrück offenbar alles, um seine Besucher mit angenehmen Abenden zu versorgen. Das müßte man natürlich noch mal unter Spielzeitbedingungen testen, aber die heutige Gala hat schon Lust auf mehr gemacht. Dabei entsprach das Programm, welches ich banausigerweise im Vorwege gar nicht in Erfahrung gebracht hatte, nicht unbedingt meiner Vorstellung davon, unter Garantie ekstatischen Zuckungen der Anteilnahme entgegen zu sehen. Trotzdem entpuppte sich die Zusammenstellung als beschwingte Mischung mit sorgsam integriertem Spannungsbogen. Eine schöne Art, das Orchester mit unterschiedlichen Dirigenten, die Vertreter der verschiedenen Stimmfächer sowie den Chor kennenzulernen. Die Nummern wurden durch die kurzen Ansprachen von Herrn Hähnel auf betont trocken-humorvolle Weise verknüpft.

Ein paar Notizen zu einigen Programmpunkten bzw. Mitwirkenden: Gleich die Hérold-Ouvertüre hat mir sehr zugesagt, enorm abwechslungsreich und kurzweilig mit markigen Blecheinwürfen. Das Orchester offenbart durchaus virtuose Qualitäten und hält diesen positiven Ersteindruck den ganzen Abend hindurch aufrecht. Aus der Dirigentenriege stechen Daniel Inbal und Till Drömann in puncto Elan und Energieübertragung hervor. Ich glaube, da hat sich Herr Cambreling einen Guten nach Stuttgart geholt.

Von den Sängern haben mich persönlich am meisten beeindruckt: bei den Herren Marco Vassalli mit Schönklang, Schmelz und Präsenz sowie Daniel Moon mit Inbrunst, Ausdruck und einem Mordsorgan. Bei den Damen wußten aus meiner Sicht Lina Liu als kokette Giuditta und Eva Schneidereit als leidenschaftliche Dalila besonders zu überzeugen. Aber wie schon eingangs erwähnt, wirkliche Ausfälle waren bei den Stimmen ohnehin nicht zu vermelden. Wer das Haar in der Suppe sucht, wurde sicher mit einer Intonationsschwäche hier oder einem etwas blasseren Auftritt dort fündig – ich für meinen Teil habe das Gefühl, daß sich das Theater Osnabrück mit seinen Sängern nicht zu verstecken braucht.

Abschließende Erkenntnis: nach der Spielzeit ist vor der Spielzeit und eine Gala dauert länger als 90 Minuten. Im nächsten Jahr gibt es hier drei Hindemith-Einakter an einem Abend – ich freu mich drauf!