20:00 Uhr, 1. Rang links, Loge 7, Reihe 2, Platz 4
Wolfgang Amadeus Mozart – Violinkonzert
Arnold Schönberg – Verklärte Nacht
(Pause)
Joseph Haydn – Sinfonie Nr. 80
Felix Mendelssohn Bartholdy – Violinkonzert
Schöne Einführung mit Herrn Wacker. Informativ, ausgewogen, da sitzt jedes Wort – auch wenn bei Haydn aus Zeitmangel ein, zwei unausgesprochen blieben.
Die Kombination Kammerphilharmonie / Tetzlaff gefällt mir ausgesprochen gut. Der seidige, transparente aber auch leicht herbe Klang des Orchesters harmoniert wunderbar mit dem zupackenden, etwas spröden, aber immer feinen Ton des Solisten. Im Mozart agiert Tetzlaff für mein Empfinden mit deutlichem – nennen wir es mal Spiel – im Tempo. Nicht immer ist er exakt mit dem Orchester zusammen, immer wieder eilt er für einen Bruchteil seinen Mitstreitern davon, ohne daß dabei das Gesamtgefüge leiden würde. Dennoch habe ich mit dieser Herangehensweise teilweise Probleme.
Auch im Mendelssohn geht Tetzlaff mitunter frei zu Werke. Diese Freiheit hat auf der einen Seite ihren Reiz, weil sich aus ihr auch der Elan, der Schwung abzuleiten scheint, der ihn auszeichnet. Auf der anderen Seite steht sie im Gegensatz zu jener „linearen“ Art im Stile einer gut geölten Maschine, wie ich sie in Interpretationen häufig so liebe. Ist Tetzlaff ein Freund des Rubato – und ich etwa nicht? Nun ja, unter dem Strich sprechen wir hier von Nuancen. Genau um diesen Maßstab geht es dann auch, wenn ich Tetzlaff eine nicht immer ganz lupenreine Intonation ankreide. Wenn es darauf ankommt, ist diese absolut gegeben, nur „zwischendurch“ scheint er auch damit etwas freier umzugehen.
Ich möchte noch einmal betonen, wie sehr mich seine kraftvolle, energische Interpretation anspricht und ich denke die Gesamtheit der Eigenarten bildet den individuellen Charakter, auch wenn sie mir für sich betrachtet nicht komplett zusagen. Das einzige, was ich bei Tetzlaff tatsächlich vermisse, ist Kristall – insbesondere in der Höhe. Seine lyrischen, zarten Momente sind rein und fein, aber eher samtig als schneidend. Und daß schneidend nicht unbedingt mit hart gleichzusetzen ist, wurde mir spätestens seit Anne-Sophie Mutter zur wohligen Gewissheit.
Der Star des Abends war dem zufolge für mich das phantastische Orchester. In der Mozart–Interpretation zupackend, im Schönberg äußerst differenziert und feinsinnig, hat mich die Darbietung der Haydn-Sinfonie vollends in Verzückung gebracht. So kontrastreich, vielfarbig, spannungsvoll und gewitzt lasse ich mir selbst diese Zöpfe gefallen. Viel mehr, es hat einfach Spaß gemacht, der Haken schlagenden Partitur zu folgen. Daß hier explizit hervorgehoben wurde, man finde als Kammermusikensemble auch ohne Dirigent gemeinsam zu einer Lesart, scheint mir angesichts dieses Ergebnisses eindrucksvoll bestätigt. Im Mendelssohn-Konzert lag der gemeinsame Schwerpunkt von Solist und Orchester auf hohem Tempo und Elan. Eine wunderbare Interpretation, die allerdings hinter der kürzlich vorgelegten mit Frau Mutter zurücksteht. Als Zugabe gab es einen hinreißenden Beethoven, der Järvis Handschrift trägt.
Man kann nur wiederholen: Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ist ein erstklassiges Orchester, das Virtuosität und Klangschönheit in intensivster Form verbindet. Leider hatte an diesem Abend eine Vielzahl unsensibler Hust-Proleten den Weg in die Laeiszhalle gefunden, die sich insbesondere dazu auserkoren sahen, „unerträgliche“ Pausen mit ihrem Gebell zu stopfen. Sehr schade.