28. Mai 2024

Chamber Orchestra of Europe – Andras Schiff.
Laeiszhalle Hamburg.

20:00 Uhr, 1. Rang Links, Loge 5, Reihe 1, Platz 3



Johannes Brahms – Variationen über ein Thema von Joseph Haydn op. 56a

Joseph Haydn – Sinfonia concertante B-Dur Hob. I:105

(Pause)

Johannes Brahms – Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 d-Moll op. 15


Chamber Orchestra of Europe
Olivier Stankiewicz – Oboe
Rie Koyama – Fagott
Lorenza Borrani – Violine
Richard Lester – Violoncello
Sir András Schiff – Klavier und Leitung



Brahms-Variationen: Der erste Klangeindruck nach einer Ewigkeit Elphi-Prägung ist eher gemischt – im wahrsten Sinne. Der Saal ist einfach viel gutmütiger, alles vermengt sich ein bisschen. Wie gut die Einzelteile der Summe sind, lässt sich so schwer(er) feststellen. Aber auch die Huster und Raschler werden stark relativiert. Eine Elphi voll mit Sandsäcken, das wärs eben. Klang an sich nicht schlecht, aber der seitliche Rangplatz bietet objektiv eher maximal Mono-Wonnen, selbst wenn man das Haupt extrem zur Bühne verdreht. Hatte ich wirklich verdrängt, bzw. wenn man da oft sitzt, merkt man es wohl nicht mehr.

Das Stück selbst ist ein Knaller. Hatte ich so nicht wirklich auf dem Zettel, aber jede Variation ist ein Gedicht, sowohl von der „Idee“ als auch der Umsetzung, Instrumentation, Feinheiten usw.. Der wiegende, ruhige Satz ist (wie soll es auch anders sein) mein Lieblingsstück. Bittersüß brahmsisch schneidende Harmonien. Schmacht. Interpretation vielleicht nicht „all in“, aber sehr schlüssig und berührend.

Haydn: Der arme Oboist und sein Blättchen … Aber egal, es bleibt dabei, dass ich Haydn Mozart vorziehe. Gerade auch wegen der interessanten Harmonik, z.B. im Finale kurz vor Ende. Pianissimo-Effekte interessant – kämen in der Elphi natürlich ungleich intensiver …

Die eigentliche Überraschung des Abends: Die Pausenbrezel ist warm!

Leider wärmt der Brahms nach der Pause weder Magen noch Herz. Erster Satz schleppend, kontur- und emotionslos. Orchester nicht immer zusammen, schwimmt? Schiff lässt völlig kalt, hölzern, nichts Besonderes im Anschlag. Erschreckend. Zweiter Satz eher tranig als innig, auch hier: wo ist das Perlende, das Zauberische eines Sokolov oder Levit? Einige wenige wohlige Momente. Dritter Satz noch am besten – hier und da Drive im Orchester, Schiff weiter blass, höchstens bei schnellen Läufen blitzt Brillanz auf. Und der ein oder andere wirklich zarte Ton im Pianissimo. Kann er, aber will nicht? Unterm Strich mehr als enttäuschend – der Saal ist begeistert. Zugabe Brahms? Warum so gehetzt? Selten ein innig verehrtes Stück so „hingerichtet“ gehört. Uff, schnell raus hier.

Liebe Laeiszhalle, wir hatten früher eine schöne Zeit, aber was war ist gewesen und kommt wohl nicht wieder. Zumindest ganz sicher nicht mit Abenden wie diesem.