
Arvo Pärt – Annum per annum
Pari intervallo (Fassung für Orgel)
Johann Sebastian Bach - Passacaglia c-Moll BWV 582
Arvo Pärt – Spiegel im Spiegel
(Pause)
Johann Sebastian Bach – Toccata und Fuge d-Moll BWV 565
Arvo Pärt – Trivium
Pēteris Vasks – Viatore (Wanderer) / Hommage à Arvo Pärt (Fassung für Orgel)
Zugabe: Lūcija Garūta – Meditation
Iveta Apkalna – Orgel
Spiegel im Spiegel, lese ich im Programmheft. Welches der Stücke Pärts war das nochmal, müsste ich doch kennen, denke ich so bei mir. Ach DAS, zuckt es mit einem Schmunzler durch meinen Sinn, als ich das erste Mal die Dreier-Tonfolge vernehme. Und dem ersten Mal sollten einige, nicht wenige Male folgen. Das Programm ist dem 90. Geburtstages des Komponisten gewidmet, fraglos einer der berühmtesten lebenden Tonschöpfer im Klassikbereich. Ohne die Lebensleistung des Esten in Frage stellen zu wollen, zeigt sich heute wieder, dass ich mit seinem Oeuvre einfach wenig anfangen kann (mit einer Ausnahme: Fratres).
Weder das wohlbekannte Spiegel im Spiegel, bei welchem ich immer an eine Verwendung als sentimentale Filmmusik denken muss (und das von jemandem, der originale Filmmusik ebenso wie Klassik liebt), noch die mir unbekannten Stücke waren heute in der Lage, mein Bild von seinen Kompositionen zu relativieren, das ich mit „einlullende Unterforderung“ zusammenfassen möchte. Wie gesagt, ohne mich wirklich vollumfänglich in Pärts Werkkatalog auszukennen.
Der Effekt bei „annum per annum“, der Orgel buchstäblich per Knopfdruck den Wind aus den Segeln zu nehmen, ist nicht uninteressant – das in sich Zusammensacken der Klangkulisse hat eine unwirkliche, ja beinahe elektronische Qualität. Aber mehr als diesen Aha-Moment erlebe ich mit den ersten beiden Pärt-Stücken nicht.
Der Kontrast zu der von mir heiß geliebten Bach-Passacaglia könnte akustisch wie emotional kaum größer sein. Das in stetiger Variation majestätisch dahinmäandernde Werk zieht mich live immer wieder ebenso in seinen Bann wie in der Abgeschiedenheit des heimischen Musikrefugiums. Frau Apkalnas Interpretation weicht hier und da von dem mir achso Vertrauten ab, arbeitet andere Nuancen zu Tage, verfehlt ihre soghafte Wirkung aber keinesfalls.
Mir persönlich liegt die Passacaglia viel näher als der nach der Pause gespielte Superstar unter den Orgelwerken – nimmt man seine Bekanntheit und den Einsatz in allen möglichen und unmöglichen (pop-)kulturellen Zusammenhängen als Maßstab für solch eine törichte Kiesung. Klar, der Auftakt ist ein unkaputtbares Ausrufezeichen, der weitere Verlauf ein überaus abwechslungsreicher, energetischer Ritt. Dennoch ziehe ich die Gravitas und dichte Konsequenz der Passacaglia vor – wenn man überhaupt vor die Wahl gestellt werden möchte/sollte. Auf jeden Fall entfachte DIE Toccata und Fuge die meiste Begeisterung beim Publikum. Warum auch nicht – schön, das Stück wieder einmal mustergültig dargeboten bekommen zu haben.
Die anschließenden Werke von Pärt und Vasks konnten den Spannungsbogen dann nicht mehr halten. An das Pärt Stück habe ich bereits keine Erinnerung mehr, Vasks Wanderer hatte Potenzial, hätte für meinen Geschmack aber ruhig die ein oder andere Abkürzung nehmen sollen – es zog sich. Die Zugabe aus der Feder einer Landsfrau Apkalnas brachte noch einmal für ein paar Minuten in harmonisch reichem, spät-spätromantisch anmutenden Gewand frischen Wind in den Saal.
Abschließend noch ein Gedanke zu „Spiegel im Spiegel“: Vielleicht ist das Stück nicht unbedingt ideal für die Darbietung auf der Orgel? Die ursprüngliche Kombination von Klavier und Violine bietet in dem repetitiven, schlichten Gerüst ein ungleich intimeres Zusammenspiel, als es eine riesenhafte Orgel mit noch so viel Registerzauber vermag. Den Ausspruch Pärts aus dem Programmheft, „Ich habe entdeckt, dass es genügt, wenn ein einziger Ton schön gespielt wird“, möchte ich durchaus unterschreiben, wobei aus der Idee bei diesem Komponisten für mich leider nur in seltenen Fällen eine Umsetzung erwächst, die mich interessiert, geschweige denn berührt. Schade.