7. Juli 2018

NDR Jugendsinfonieorchester – Stefan Geiger.
Elbphilhamonie Hamburg.

19:00 Uhr, Etage 15, Bereich M, Reihe 2, Platz 11



Richard Strauss – Wiener Philharmoniker Fanfare 
Louis Spohr – Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 2 Es-Dur op. 57 (Gaspare Buonomano)

(Pause)

Richard Wagner – Der „Ring“ ohne Worte – zusammengestellt von Lorin Maazel



Ich muss sagen, dass Maazels Arrangement viel besser funktioniert, als ich im Vorwege angenommen hatte – auch und gerade weil er auf diverse „Schlager“ aus dem Ring verzichtet. Einige der beliebtesten Gesangsnummern, wie etwa Siegmunds „Winterstürme“ oder Siegfrieds „Schmiedelied“, das nur angerissen wird, haben nicht den Weg in die chronologische Zeitraffer-Tetralogie-Synthese gefunden, wodurch der Leitmotiv-Medley-Charakter erfreulich gedämpft und die symphonische Geschlossenheit unterstützt wird.

So findet sich, eingerahmt vom Rheingold-Vorspiel und der kompletten Schlussszene der Götterdämmerung nicht unbedingt das eingängigste Material, aber eben jenes, das die Verwandtschaft der vier Opern und die musikalische Entwicklung innerhalb dieser verblüffend anschaulich transportiert. Kein „Best of“, sondern eine wirklich sinfonische Reise vom Rhein zurück in den Rhein. Natürlich dürfen populäre orchestrale Perlen wie der Walkürenritt, das Waldweben oder Siegfrieds Trauermarsch nicht fehlen, aber gerade am Beispiel des wohl bekanntesten Auszugs aus dem Ring, besagtem Ritt der Walküren, lässt sich in dieser zeitlich kompakten Anordnung Wagners Entwicklungsarbeit auch für eher ungeübte Ohren nachvollziehen – deutet sich das bekannte Thema beispielsweise bereits Ende des Rheingolds in Donners reinigendem Gewitter an, begleitet es die Auftritte und Abgänge Wotans und ist letztlich doch untrennbar mit der hehrsten Walküre Brünnhilde verbunden, auch wenn sie bereits längst sterblich geworden ist und ihrem Siegfried in den Tod folgt.

Maazel ist ebenfalls weise genug, nicht jedes Akt- oder gar Werkfinale in die Partitur zu stopfen. Wenn es dramaturgisch passt, nutzt er z.B. den pfeilschnellen ersten Walküren-Aktschluss als Zäsur, ansonsten leitete er zumeist vor der eigentlichen Schlussklimax zum nächsten Teil über. Ein weiterer Grund, auf allzu „ariose“ Höchepunkte zu verzichten, liegt wahrscheinlich in dem Wissen darum, dass sich Gesang nur unbefriedigend durch die Übertragung an Orchesterstimmen ersetzen lässt, glücklicherweise verfügt das sinfonische Gerüst der Tetralogie Dank Wagner über derart viele Schichten, so daß es auch einmal spannend ist, ihren Reichtümern ohne die Textebene nachzuspüren. Wunderschön beispielsweise eine Passage im Gotterdämmerungsteil – ich tippe auf die Unterredung Siegfrieds mit den Rheintöchtern, obwohl ich nicht firm im letzten Teil des Ringes bin – meine erste Live-Götterdämmerung steht noch aus.

Alles in allem eine wunderbare Arbeit des hochgeschätzten Dirigenten Maazel, sowohl für Wagnerianer und solche, die, von der Vorstellung mehrstündiger Opernabende eingeschüchtert, so dennoch ihre Liebe zu dieser unglaublichen Musik entdecken können. Das Dirigat von Herrn Geiger fand ich übrigens gar nicht mal schlecht, wenn sich auch hier der Vergleich mit einem Maazel oder gar Solti verbietet. Das Jugendorchester des NDR liefert solide Arbeit, stößt jedoch immer wieder an seine Grenzen was Ausdruck, Zusammenspiel und Technik an sich angeht – gerade beim Blech muss man da Gnade vor Recht ergehen lassen. Die Strauss-Fanfare als Lippenlockerungsübung und das Spohr-Konzert waren nicht wirklich der Rede wert, obwohl Herr Buonomano mit stupender Virtuosität und makelloser Phrasierungskunst – allein dieses Legato im zweiten Satz! – begeisterte.

Fazit: ein wunderbarer Abend mit unschlagbarem Preis-Leistungsverhältnis.