10. Dezember 2018

Zyklus D „Große Stimmen“ – Cecilia Bartoli.
Elbphilharmonie Hamburg.

20:00 Uhr, Etage 15, Bereich J, Reihe 1, Platz 1


Antonio Vivaldi:

Allegro / erster Satz aus „La Primavera“ op. 8 Nr. 1 RV 269
Quell’augelin / Arie der Silvia aus „La Silvia“ RV 734
Non ti lusinghi la crudeltade / Arie des Lucio aus „Tito Manlio“ RV 738
Gelosia, tu già rendi/ Arie des Caio aus „Ottone in villa“ RV 729
Allegro / dritter Satz aus „La Primavera“ op. 8 Nr. 1 RV 269
Vedrò con mio diletto / Arie des Anastasio aus „Il Giustino“ RV 717
Allegro non molto / erster Satz aus „L’Estate“ op. 8 Nr. 2 RV 315
Sol da te mio dolce amore/ Arie des Ruggiero aus „Orlando furioso“ RV 728
Adagio und Presto / zweiter und dritter Satz aus
„L’Estate“ op. 8 Nr. 2 RV 315
Se lento ancora il fulmine/ Arie der Zanaida aus „Argippo“ RV 697

(Pause)

Zeffiretti che sussurrate / Arie der Ippolita aus
„Ercole su’l Termodonte“ RV 710
Allegro /erster Satz aus „L’Autunno“ op. 8 Nr. 3 RV 293
Ah fügte rapido / Arie des Astolfo aus „Orlando furioso“ RV 728
Allegro / dritter Satz aus „L’Autunno“ op. 8 Nr. 3 RV 293
Gelido in ogni vena/ Arie des Farnace aus „Farnace“ RV 711
Allegro non molto / erster Satz aus „L’Inverno“ op. 8 Nr. 4 RV 297
Se mai senti spirarti sul volto / Arie des Cesare aus
„Catone in Utica“ RV 705
Largo und Allegro / zweiter und dritter Satz aus
„L’Inverno“ op. 8 Nr. 4 RV 297

Zugaben:
Georg Friedrich Händel – Mi deride ... Desterò /
Rezitativ und Arie der Melissa aus »Amadigi di Gaula« HWV 11
Wolfgang Amadeus Mozart – Voi che sapete che cosa è amor / Sagt,
holde Frauen / Arie des Cherubino aus »Le nozze di Figaro« KV 492
Ernesto de Curtis – Non ti scorda di me
Agostino Steffani – A facile vittoria

(Les Musiciens du Prince-Monaco, Gianluca Capuano – Dirigent, Andrés Gabetta – Violine, Cecilia Bartoli – Mezzosopran)



Bartolis Stimme absolut rund, nie keifig, selbst in der heftigsten „Aggression“ nicht. Die Koloraturen fließen (obwohl ich diese Musik weiterhin nicht besonders mag). Auch nicht das übliche Ältliche wie bei manchen Mezzos. Eindeutig DiDonato überlegen, viel feiner, perfekt nuanciert. Mit den anderen Solisten bin ich nicht so zufrieden, ob Holz oder Violinist hapert es hier und da doch mit der Intonation – oder sind das historische Instrumentenaltlasten?

Respekt vor der Dramaturgie des Programms, nahtlose Übergänge auch zu den Instrumentalstücken, Flöte und Oboe als Gesangspartner, Einstieg in die jeweiligen Arien. Die Jahreszeiten als Rückgrat ebenfalls clever gewählt, weil es so immer wieder bekannte Oasen gibt. Die Arien sind – so schön sie sein mögen – doch Spezi-Kost. Und die „Show“ ist ganz ohne Mätzchen packend, ein knackiges Dirigat und eine mal energische, mal berührende Sängerin, mehr braucht es nicht. Auch hier kann manche „Diva“ noch lernen.

Lustiger Stimmungswandel beim Pärchen neben mir: Von „Vivaldi – oh, wie schön!“ bis nervöses Sitzgerutsche und gelangweiltes Händchenhaltsuchen in weniger als einer Stunde. Eumel bleiben eben Eumel, vom Zappelphillip-Opa schräg rechts hinter mir ganz zu schweigen. Schade, da die Konzentration im Saal sonst nahezu vorbildlich ist, kein Vergleich zu Levit (Link).

Was DiDonato mit Pathos versucht, macht die Bartoli mit Herz. Die Dame ist ultrabeliebt beim Volk. Zurecht, was für ein Talent. schade, dass sie das falsche Repertoire besetzt :) Aber im Ernst, sehr interessanter Ansatz: einerseits ein Raritätenprogramm, gehaltvoll, ernst, und dann diese vier Zugaben:

1. Koloraturwettstreit zwischen Oboe, Trompete und Bartoli, 2. etwas Schlichtes (gemein gesagt Seichtes), was alle kannten – Rossini? (ne, war Mozart) 3. eine Kanzone? Schmalz triumphiert! 4. Arie und Duell Trompete/Bartoli inklusive Gershwin-Einschub (Jazztrompete/ Summertime). Und dann die Nummer mit der Glitzer-Weihnachtsmütze ... sowas kommt an. Die Leute ticken aus.

Also die meisten. Wenn Deine Loge nach der dritten Zugabe bis auf Dich selbst leer ist, weißt Du, wie sehr deine Umsitzenden Musik lieben ... Egal, was zählt, sind diese beiden Hammerarien nach der Pause. Diese Innigkeit, Zartheit, Pianissimo. Und bei der zweiten die Verwandtschaft zum Winter ... und dann der Übergang zum wirklichen Winter – genial. Gabetta durchaus krass virtuos, nur die Sache mit der Intonation bleibt seltsam.

Sollte Schule machen: Eumel-Klatschen durch die nahtlose Stringenz des Programms (fast) unmöglich. Auch keine zig „Vorhänge“, Frau Bartoli lässt sich nicht lang bitten – Zack, kommen die Zugaben.

Fazit: Selten hat mich ein Konzert mit Musik, die mich nicht wirklich interessiert, derart begeistert.