3. Juli 2011

Gespräche der Karmelitinnen – Stefan Blunier.
Komische Oper Berlin.

19:00 Uhr, Parkett rechts, Reihe 5, Platz 19


















Einführung recht informativ. Akustik sagenhaft. Sänger sehr präsent, Orchesterklang voll, homogen, gleichzeitig direkt und druckvoll. Orchester durchweg auf Top-Niveau, technisch und bezüglich des Ausdrucks. Die Klangsprache Poulencs wird auf beeindruckende Weise offenbar, alles erscheint mir absolut „richtig“. Reiche Dynamik- und Klangfarbenpalette. Blech beeindruckend. Streicher zart. Dirigat ebenfalls „richtig“. Ich kann es nicht anders sagen, mehrfach kommt mir der Gedanke „so muß es sein“ oder „so bin ich vollkommen bei Poulenc“. Insbesondere im ersten Akt immer wieder Verblüffung, wie reich doch die Partitur ist. Da geriet das Finale fast ein wenig „unspektakulär“.

Ensemble durchweg stark. Vater und Bruder etwas schwächer, getragen wurde alles aber von Blanche und Constance, flankiert von einer sehr starker Marie/Priorin. Ganz stark auch die Inszenierung: Verstörend die einzelne, halb nackte Schwester als „Irrlicht“ (offene Bühne). Der Ruf Bieixtos als Ekelregisseur trifft überhaupt nicht – „trotz“ Blut- und „Schmutz“–Momenten. So empfand ich beispielsweise die Waschung der toten Priorin mit der alles zeigenden Positionierung nicht als Provokation, sondern als etwas Intimes, Menschliches. Kurze Irritation bei der schwangeren Constance (Regieeinfall oder reale „Umstände“?). Intensives Spiel aller Beteiligten. Die Komische Oper scheint generell viel Wert auf MusikTHEATER zu legen (vgl. Mahagonny und Lady Macbeth). Hochästhetisch gefilmte Portraits der Sängerinnen als Abbilder von Seelenzuständen. Eine sehr körperliche Inszenierung. Atemgeräusche, Stöhnen, Röcheln. Hell erleuchteter Saal bei der Urteilsverkündigung per Megaphon.

Fazit: Eine realistische, involvierende, drastische aber ungemein sensible Inszenierung. Und wieder ein Triumph für die Komische Oper.


Francis Poulenc – Gespräche der Karmelitinnen
Musikalische Leitung – Stefan Blunier
Inszenierung – Calixto Bieito
Bühnenbild – Rebecca Ringst
Kostüme – Ingo Krügler
Licht – Franck Evin
Dramaturgie – Bettina Auer
Chöre – André Kellinghaus
Video – Robert Lehniger, Bert Zander

Marquis de La Force – Claudio Otelli
Blanche de La Force – Maureen McKay
Der Chevalier – Joska Lehtinen
Madame de Croissy, alte Priorin – Christiane Oertel
Madame Lidoine, neue Priorin – Erika Roos
Mutter Marie – Irmgard Vilsmaier
Schwester Constance – Julia Giebel
Mutter Jeanne – Caren van Oijen
Schwester Mathilde – Maren Schäfer
Beichtvater des Karmel – Peter Renz
Erster Kommissar – Thomas Ebenstein
Zweiter Kommissar – Hans-Peter Scheidegger
Kerkermeister – Carsten Sabrowski
Schwester Anne – Margita Zalite

Orchester der Komischen Oper Berlin
Chorsolisten und Komparserie der Komischen Oper Berlin
Mitglieder des Ernst Senff Chores Berlin