30. Juli 2011

6. Festspiel-Kammerkonzert – Kent Nagano.
Cuvilléstheater München.

20:00 Uhr, Parkett links, Reihe D, Platz 57


Hans Werner Henze – Adagio adagio
Wolfgang Amadeus Mozart – Fantasie d-Moll KV 397; Eine kleine Gigue G-Dur KV 574; „Kegelstatt-Trio“ Es-Dur KV 498

(Pause)

Hans Werner Henze – Paraphrasen über Dostojewski (Stefan Hunstein)



Alle Welt liebt Mozart. Gegen Mozart kann man nichts sagen, oder besser, es schickt sich nicht. Aber was soll ich machen – das heutige Kammerkonzert im Münchner Cuvilléstheater bestätigte eindrucksvoll aufs Neue, daß der Gedanke „Meine Zeit für Mozart wird einmal kommen“ auf unbestimmte selbige ein frommer Wunsch zu bleiben scheint. Sollte ich dereinst aufgrund eben dieses Umstands das Fegefeuer, Abteilung für unverbesserliche Konzertgänger, verbüßen müssen, so könnte ich mir durchaus vorstellen, dort mit einer Dauerbeschallung des göttlichen Salzburgers abgeurteilt zu werden.

Dabei machte mich der Beginn des ersten Mozartwerkes noch hoffen. Aber Takt um Takt, Minute um Minute schwand meine Zuversicht. Ich habe mich redlich bemüht, muß jedoch meine Niederlage eingestehen. Man möge mir nachsehen, wenn ich ganz schnöde feststellen muß: Mozart langweilt mich. Mehr noch: diese Musik stellt meine Geduld bis zum Äußersten auf die Probe. Angesichts der Elogen, mit denen Bachmann und Henze in ihren Texten – vorzüglich dargeboten vom Schauspieler Stefan Hunstein – ihren apollinischen Wunderknaben überhäufen, bleibt mir nur, mein empathisches Unvermögen festzustellen und verblüfft nachzusinnen, wie das wohl sein mag, wenn man den Zugang zu Mozart sein Eigen nennen darf.

Neben zwei Werken für Klavier solo und dem „Kegelstatt-Trio“ von Mozart standen zwei Henze-Werke auf dem Programm, die mir – abgesehen von der opulenten Erscheinung des Saales – den Abend in freundlicher Erinnerung belassen. Die Serenade „Adagio adagio“ überraschte mich als relativ Henze-Unkundigen mit gemäßigten, regelrecht vertrauten Klängen. Nichts desto trotz schien die Aussicht auf ein weiteres Stück dieses Komponisten die amerikanische Gruppe hinter mir nach der Pause zum Fernbleiben bewogen haben (Ankündigung des Programms durch die deutsche Begleitung: (warnend:) „First we have Henze – very modern, veeery modern ... (beschwichtigend:) ... but then we have Mozart!“

Das Hauptwerk des Abends, die „Paraphrasen über Dostojewski“, hätten sie dann wahrscheinlich als „shocking“ empfunden – mir hat's gefallen. Sicher, ich kann nicht behaupten, daß ich nach dem ersten Hören die Anlage des Werkes auch nur annähernd erfasst hätte. Aber es bleibt der Eindruck eines interessanten Stückes, getragen von diversen aufhorchen lassenden Einzelheiten, der eine erneute Beschäftigung damit nahe legt. Die Kombination mit der Sprechstimme ergab intensive Wirkungen. Bleibt mir noch, die rundum gelungene musikalische Umsetzung aller Werke des Abends durch die Solisten festzuhalten. Alles in allem ein erfolgreicher Abend.