13. August 2011

S-H Festival Orchester – Lawrence Foster.
Laeiszhalle Hamburg.

20:00 Uhr, Parkett links, Reihe 11, Platz 16


Richard Strauss – Vier letzte Lieder (Waltraud Meier)

(Pause)

Richard Strauss – Eine Alpensinfonie

Zugabe: Johann Strauß – Kaiserwalzer



Meine Ohren fühlen sich heute leider nicht besonders. Ein leicht gedämpfter Eindruck herrscht vor. Der Platz bietet ein sehr ausgewogenes Klangbild mit der Tendenz zum Stumpfen. Generell bin ich wohl in den meisten Fällen, insbesondere bei eingebundenen Solisten, mit meinem Abo-Platz weiter vorn gut bedient. Das gestaltet sich dort doch etwas involvierender, wenn auch weniger „übersichtlich“. Nun ja, direkt hin oder her, trocken hin oder her, es ist halt unbestritten, daß die alte Dame Laeiszhalle im Vergleich zu Köln oder Essen den Kürzeren zieht. Aber ich fühle mich bekanntlich dennoch wohl.

Vier letzte Lieder: Das Orchester klingt wunderbar, sehr homogen und warm. Keine wirklichen Schwachstellen auszumachen. Die Streichergruppe hat sich das Prädikat straussisch-zart verdient. Der Konzertmeister absolviert die Solostellen mit Bravour, daß es zu Herzen geht. Tadellose Hornpassage, weich und rund. Über Holz und Blech im allgemeinen ist nicht viel zu sagen, außer, daß auch diese Gruppen sich sehr stimmig in das Ganze einfügen. Dürfte ich heute nur ein Wort bemühen, so wäre es wohl „homogen“. Meier ist gut in dieses Bild eingefügt, agiert dynamisch eher mit als über dem Orchester, von bestimmten Steigerungen/Höhepunkten einmal abgesehen. Ich mag ihre dunkle, warme Stimme sehr gern, manchmal erscheinen mir ihre Ansätze allerdings zu hart (?). In jedem Fall sehr textverständlich. Im dritten Lied galoppierte sie dann Fosters Interpretation zweimal davon.

Dabei gab es dazu eigentlich keinerlei Veranlassung. Meine Einschätzung bezüglich des Dirigenten hat sich auch heute bestätigt. Ein fähiger Mann, den man wahrscheinlich für so ziemlich alles gebrauchen kann. Weder dem Papier noch dem Auftreten nach ein „Stardirigent“, ein Kapellmeister im besten, dienlichsten Sinne. Es gibt sicher andere Dirigenten, die ich ihm für die „höchsten Aufgaben“ vorziehen würde, aber man kann sich bei ihm offenbar sicher sein, eine wahrhaft gestaltete Interpretation und kein Runtergenudel präsentiert zu bekommen. Sehr sympathisch.

Alpensinfonie: Das Orchester schlägt sich auch hier sehr gut (wiederum haben sich die Streicher besonderes Lob verdient), es treten aber einige Eigenarten zu Tage, die ein durchschlagendes Gelingen verhindern. Das Holz könnte insbesondere an den Solostellen zarter agieren (z.B. Oboen-Kantilene). Zudem hat das Blech zwar bis zu einer gewissen Lautstärke einen passenden Klang, läßt aber in den großen Ausbrüchen sowohl die erforderliche Durchschlagskraft als auch Klangfarbe vermissen. Das ist zu wenig, zu passiv, zu gewöhnlich für diese Partitur, hinzu kommen diverse Wackler im Eifer des Gefechts.

Sehr schade, zumal ich an der eigentlichen Interpretation Fosters kaum etwas auszusetzen habe. Auch hier gilt: sicher ist eine kühnere Interpretation denkbar, aber ich wäre froh, wenn die Mehrzahl der von mir besuchten Konzerte diese Qualität besäßen. Im direkten Vergleich sieht da z.B. Luisi mit seiner Alpensinfonie alt aus. Empfand ich beim Italiener Passagen wie das Gewitter geradezu chaotisch, zeigt Foster hier eindrucksvoll, daß man in jeder Situation die Kontrolle behalten kann. Und dann macht dieser „Lärm“ auch Sinn und darüber hinaus einen Heidenspaß.

In der Wahl der Zugabe beweist Foster dann Humor, indem er schulterzuckend abermals „Strauss“ ankündigt. Womit allerdings der Wiener Namensvetter gemeint war, dessen Kaiserwalzer den Abend schwungvoll und auch hier keineswegs oberflächlich beschließt.