Salome an der Wiener Staatsoper – viel mehr geht nicht, sollte man meinen. Daß es dann am Ende doch „nur“ ein sehr guter, jedoch kein denkwürdiger Abend wurde, kann an Vielem gelegen haben. An einem Orchester, dessen Klang einzig Begriffe wie „Weltklasse“ oder „himmlisch“ gerecht werden, sicher nicht. Welche Transparenz! Welche Präsenz! Welche Klangfarben! Welch delikates Spiel in Ausdruck und Technik! Und Altinoglu weiß einiges mit diesem Klangkörper anzufangen. Eine absolut runde Umsetzung der Partitur – vielleicht eine Spur zu rund für meine Vorliebe für Schärfen und Kontraste.
Auch das Sängerensemble leistete sich keine nennenswerten Schwächen, man kann im Gegenteil sicher von einer starken Gesamtleistung sprechen – ohne daß mich jedoch einer der Protagonisten nachhaltig berührt hätte. Das mag zum Teil auch auf die überraschend schwache akustische Präsenz der Sänger auf meinem erhofften Premiumplatz im Parkett zurückzuführen sein. Wohlgemerkt, die Wahrnehmung des Orchesters würde ich als äußerst homogen und von der Dynamik ebenfalls nicht unbedingt unfair gegenüber dem Ensemble bezeichnen. Und es sollte ja schon was rüberkommen an Dampf bei diesem Stück. So verwunderte es umso mehr, daß selbst in diversen Passagen, in denen von Tutti und Fortissimo weit und breit keine Spur war, die Stimmen zumindest nicht befriedigend bis in die vierte Reihe trugen. Eine recht dürftige Textverständlichkeit als Folge machte die Sache für Konzentration und Intensität auch nicht besser.
Aber vielleicht liest sich das jetzt schon zu negativ. Die Oper ist eine Bank und konnte seine reichen musikalischen Schätze auch diesmal wieder zum Funkeln bringen. Diverse wohlige Schauer zeugten davon. Wenn es heute etwas in Wien zu bemängeln gab, dann wahrscheinlich das nur bedingt abgerufene dramatische Potenzial des Stückes. Die Inszenierung, oder besser deren Ausstattung, ist nett anzusehen, verharrt letztendlich jedoch im Gefälligen. Ein blanker Busen birgt noch lange keine Brisanz, um nur mal eine Schlüsselstelle in die Pflicht zu nehmen. Alle Achtung vor der tänzerischen Leistung Frau Lindstroms, aber wichtiger als ein unfallfreier, ästhetischer Schleiertanz erscheint mir, daß man als Zuschauer das Knistern der Partitur auch in der Inszenierung mitbekommt, die erotische Aufladung, die sich mit dem Tanz zwischen Salome und Herodes bis zum Zerreißen (nicht nur der Hüllen, vielmehr des letzten Fünkchens (Selbst-)Kontrolle und Autorität bei Herodes) steigert. Davon habe ich hier und heute recht wenig wahrgenommen.
Einige andere Szenen, die ein Gespür für den dramatischen Moment vermissen lassen, bestärken mich in meinem Eindruck, daß in dieser Repertoire-Produktion entweder nicht unbedingt die ausgefeilteste Personenregie anzutreffen ist – oder man mit dem aktuellen Personal einfach kaum Zeit zu intensiveren Proben hatte. Wenn sich Herodes beispielsweise in größter Verzweiflung zur Preisgabe (und somit Entweihung) der heiligsten Insignien hinreißen läßt, sind die knuffige Reaktion der jüdischen Gelehrten und ihr slapstickartiger Abgang nicht mehr als ein (unfreiwillig?) komischer Rohrkrepierer eines Kulminationspunktes äußerster Sprengkraft. Man lasse sich das auf der Zunge zergehen: Der weltliche Herrscher stellt das Leben des beargwöhnten Propheten über die herrschende klerikale Ordnung – fragt sich, wie sicher am Ende sein eigener Kopf auf den Schultern ruht.
Natürlich ist das nur ein Detail, aber eben auch stellvertretend für ein Agieren der Darsteller, das weitestgehend an der Oberfläche kratzt. Und noch ein kleiner ketzerischer Tipp an die Lichtregie: Eine stimmungsvolle Beleuchtung ist schon schön – noch schöner ist es allerdings, wenn sie nicht allein Kulissen in ein erbauliches Licht taucht, sondern selbiges z.B. auf innere und äußere Zustände wirft. Muß man nicht machen, kann aber helfen.
Für das Fazit biete ich heute mal zwei Versionen an:
1. Eine brave Inszenierung bringt den Abend um Furor und Transzendenz.
2. Begeisterter Applaus für einen bewährten Kassenschlager in opulentem Gewande.
Richard Strauss – Salome
Musikalische Leitung – Alain Altinoglu
Regie – Boleslaw Barlog
Ausstattung – Jürgen Rose
Herodes – Wolfgang Ablinger-Sperrhacke
Herodias – Jane Henschel
Salome – Lise Lindstrom
Jochanaan – Alan Held
Narraboth – Carlos Osuna
Page – Ulrike Helzel
Erster Jude – Benjamin Bruns
Zweiter Jude – Peter Jelosits
Dritter Jude – Benedikt Kobel
Vierter Jude – Thomas Ebenstein
Fünfter Jude – Dan Paul Dumitrescu
Erster Nazarener – David Pershall
Zweiter Nazarener – Hans Peter Kammerer
Erster Soldat – Alfred Šramek
Zweiter Soldat – Il Hong
Ein Cappadocier – Hiro Ijichi
Ein Sklave – Roman Lauder
Orchester der Wiener Staatsoper
Auch das Sängerensemble leistete sich keine nennenswerten Schwächen, man kann im Gegenteil sicher von einer starken Gesamtleistung sprechen – ohne daß mich jedoch einer der Protagonisten nachhaltig berührt hätte. Das mag zum Teil auch auf die überraschend schwache akustische Präsenz der Sänger auf meinem erhofften Premiumplatz im Parkett zurückzuführen sein. Wohlgemerkt, die Wahrnehmung des Orchesters würde ich als äußerst homogen und von der Dynamik ebenfalls nicht unbedingt unfair gegenüber dem Ensemble bezeichnen. Und es sollte ja schon was rüberkommen an Dampf bei diesem Stück. So verwunderte es umso mehr, daß selbst in diversen Passagen, in denen von Tutti und Fortissimo weit und breit keine Spur war, die Stimmen zumindest nicht befriedigend bis in die vierte Reihe trugen. Eine recht dürftige Textverständlichkeit als Folge machte die Sache für Konzentration und Intensität auch nicht besser.
Aber vielleicht liest sich das jetzt schon zu negativ. Die Oper ist eine Bank und konnte seine reichen musikalischen Schätze auch diesmal wieder zum Funkeln bringen. Diverse wohlige Schauer zeugten davon. Wenn es heute etwas in Wien zu bemängeln gab, dann wahrscheinlich das nur bedingt abgerufene dramatische Potenzial des Stückes. Die Inszenierung, oder besser deren Ausstattung, ist nett anzusehen, verharrt letztendlich jedoch im Gefälligen. Ein blanker Busen birgt noch lange keine Brisanz, um nur mal eine Schlüsselstelle in die Pflicht zu nehmen. Alle Achtung vor der tänzerischen Leistung Frau Lindstroms, aber wichtiger als ein unfallfreier, ästhetischer Schleiertanz erscheint mir, daß man als Zuschauer das Knistern der Partitur auch in der Inszenierung mitbekommt, die erotische Aufladung, die sich mit dem Tanz zwischen Salome und Herodes bis zum Zerreißen (nicht nur der Hüllen, vielmehr des letzten Fünkchens (Selbst-)Kontrolle und Autorität bei Herodes) steigert. Davon habe ich hier und heute recht wenig wahrgenommen.
Einige andere Szenen, die ein Gespür für den dramatischen Moment vermissen lassen, bestärken mich in meinem Eindruck, daß in dieser Repertoire-Produktion entweder nicht unbedingt die ausgefeilteste Personenregie anzutreffen ist – oder man mit dem aktuellen Personal einfach kaum Zeit zu intensiveren Proben hatte. Wenn sich Herodes beispielsweise in größter Verzweiflung zur Preisgabe (und somit Entweihung) der heiligsten Insignien hinreißen läßt, sind die knuffige Reaktion der jüdischen Gelehrten und ihr slapstickartiger Abgang nicht mehr als ein (unfreiwillig?) komischer Rohrkrepierer eines Kulminationspunktes äußerster Sprengkraft. Man lasse sich das auf der Zunge zergehen: Der weltliche Herrscher stellt das Leben des beargwöhnten Propheten über die herrschende klerikale Ordnung – fragt sich, wie sicher am Ende sein eigener Kopf auf den Schultern ruht.
Natürlich ist das nur ein Detail, aber eben auch stellvertretend für ein Agieren der Darsteller, das weitestgehend an der Oberfläche kratzt. Und noch ein kleiner ketzerischer Tipp an die Lichtregie: Eine stimmungsvolle Beleuchtung ist schon schön – noch schöner ist es allerdings, wenn sie nicht allein Kulissen in ein erbauliches Licht taucht, sondern selbiges z.B. auf innere und äußere Zustände wirft. Muß man nicht machen, kann aber helfen.
Für das Fazit biete ich heute mal zwei Versionen an:
1. Eine brave Inszenierung bringt den Abend um Furor und Transzendenz.
2. Begeisterter Applaus für einen bewährten Kassenschlager in opulentem Gewande.
Richard Strauss – Salome
Musikalische Leitung – Alain Altinoglu
Regie – Boleslaw Barlog
Ausstattung – Jürgen Rose
Herodes – Wolfgang Ablinger-Sperrhacke
Herodias – Jane Henschel
Salome – Lise Lindstrom
Jochanaan – Alan Held
Narraboth – Carlos Osuna
Page – Ulrike Helzel
Erster Jude – Benjamin Bruns
Zweiter Jude – Peter Jelosits
Dritter Jude – Benedikt Kobel
Vierter Jude – Thomas Ebenstein
Fünfter Jude – Dan Paul Dumitrescu
Erster Nazarener – David Pershall
Zweiter Nazarener – Hans Peter Kammerer
Erster Soldat – Alfred Šramek
Zweiter Soldat – Il Hong
Ein Cappadocier – Hiro Ijichi
Ein Sklave – Roman Lauder
Orchester der Wiener Staatsoper