18. Januar 2017

Klavierabend – Mitsuko Uchida.
Elbphilharmonie Hamburg.

20:00 Uhr, Etage 12, Bereich D, Reihe 3, Platz 4



Wolfgang Amadeus Mozart –Sonate C-Dur KV 545 "Sonate facile"
Robert Schumann – Kreisleriana / Acht Fantasiestücke für Klavier op. 16

(Pause)

Jörg Widmann – Sonatina facile (Uraufführung)
Robert Schumann – Fantasie C-Dur op. 17
Zugabe: ?



Das Spannungsfeld zwischen Raumakustik und individueller Wahrnehmung ist schon eine spannende, vertrackte Sache. War ich mir anfangs nicht ganz sicher, ob der Flügel nicht doch ein klein wenig dumpf klingt, gab es auf demselben Platz nach der Pause keinen Moment, daran weitere Gedanken zu verschwenden. Vielleicht ist dieses Phänomen einfach dem unterschwelligen Schlummermodus geschuldet, in den mich Mozarts Musik regelmäßig überführt. So auch bei der drolligen Sonate und den sich anschließenden Kreisleriana-Stücken Schumanns, der ja eine ähnlich dimensionierte Rolle in meiner privaten musikalischen Hausapotheke spielt wie sein Salzburger Kollege. Oder war es doch das frech angehurzte Stilkopiegulasch Widmanns, das in der Manier "Hans Liberg in Donaueschingen" zum aufmerksamen Ohrenspitzen einlud? Unerheblich.

Wichtig und beruhigend allein, daß der große Saal der Elbphilharmonie auch Klavierabende zu einer akustischen Wohltat macht. Von Bereich D der zwölften Etage hat man optimale Sicht auf die Künstlerin und ihre Fingerfertigkeit, generell fühle ich mich gleich wohl mit der leicht erhöhten Sitzposition – in Laeiszhallen-Maßstäben eher ein Zwitter aus Parkett und erstem Rang. Und man hört wunderbar fokussiert, obgleich der Klang ausgesprochen rund und warm das Auditorium füllt. Auch noch das kleinste Summen, welches dem Flügel, einem zarten Echo oder organischer Rückkopplung gleich, entweicht, ist deutlich zu vernehmen, das ganze Klangspektrum wirkt ungemein differenziert und lebendig.

Frau Uchidas Spiel ist dabei über jeden Zweifel erhaben. Die Schumann-Fantasie lässt auch einen Ignoranten wie mich aufgewühlt zurück – hier möchte ich keinen der drei Sätze missen, die jeder für sich genommen wie ein erhabener Gipfel dieses pianistische Massiv bilden. Gleich mit dem Beginn sprudelt und schäumt sich die Musik in einen Rausch, der inzwischen sehnendem Drängen und nach innen gerichteter Kontemplation gebettet ist. Begeistert der zweite Satz mit seiner kompromisslos-auftrumpfenden Art und daraus resultierenden Sogwirkung, ist mir der dritte doch der liebste – aufsteigende Harmonien, die Gemüt und Zustand von Plateau zu Plateau emporheben, eine ungeheure Steigerung, die in einzelnen, verhallenden Melodie-Schlägen Auflösung findet. Die Definition von Romantik.

An deren Interpretation gab es nichts zu kritisieren, einzig mein persönlicher Geschmack tendiert nun mal eher zur Gespanntheit und Wucht eines Grigory Sokolov als zur heute gehörten leichtfüßig-lieblichen Duftigkeit. Wobei die kleine Dame durchaus zulangen kann. Aber das ist ja gerade das Schöne: Daß sich große Werke auf mehr als eine Weise schlüssig und berührend vermitteln lassen. Auf die kommenden Klavierabende in diesem großartigen Saal!