19:00 Uhr Einführung, 20:00 Uhr, Etage 12, Bereich B, Reihe 4, Platz 8
Inspiration Venedig
Johann Sebastian Bach – Concerto a-Moll BWV 593
Andrea Gabrieli – Un gai berger aus »Canzoni alla francese«
Richard Wagner / Edwin Henry Lemare – Vorspiel und Liebestod aus »Tristan und Isolde«
(Pause)
Jean Guillou – Concerto d-Moll nach Vivaldi
Tomaso Albinoni – Triosonate d-Moll op. 1/1
Igor Strawinsky – Drei Tänze aus Petruschka
(Bearbeitung für Orgel von Isabelle Demers)
Zugabe:
George Thalben-Ball – Variations on a Theme by Paganini
Thomas Cornelius weiß einfach, wie man eine Einführung macht – in launigem Plauderton erfolgt die durchaus unterhaltsame Vorstellung des Instruments. Grundlegendes über den Aufbau, die Register, die Einsatzmöglichkeiten. Und weil er diese Art des Orgel-Crashkurses offenbar vor jedem Konzert der Reihe gibt, um vor allem Neulingen eine Druckbetankung zu liefern, variiert er den Schluß der Präsentation und stellt als Bonus für die Abonnenten jeweils eine besondere Pfeifenart und ihre Wirkungsweise vor.
Es folgt ein kurzes Gespräch mit der Organistin des Abends. Es geht um Hamburg als Orgelstadt (die Hauptkirchen und ihre Instrumente), sowie den Umstand, dass sich das Programmtitel stiftende Venedig weniger mit solch einem Titel rühmen darf. Der Grund dafür ist ebenso interessant wie verblüffend: Die Entwicklung der Orgel in Italien endete Mitte des 17. Jahrhunderts. Bezüge des Programms werden angesprochen, wobei Frau Demers erfrischend unverblümt klarstellt, dass es ihr in erster Linie darum ging, möglichst viele Facetten der Elphi-Orgel zeigen zu können. Sie lobt den warmer Klang, und gibt augenzwinkernd zu, dass sie als Orgel-Begeisterte die Realität der von ihr wohl gewöhnlich bespielten US-Konzertsäle nicht unbedingt als Maßstab sieht.
Randnotiz: Während sich der Saal vor dem eigentlichen Konzert langsam füllt, kann man wieder einmal ein besonders knuffiges Eumel-Verhalten studieren: Man „testet“ die Akustik mit einem Klatschen oder Schnalzen. Da erkennt man gleich den Klang-Experten.
Zu den Stücken. Bach: klein und fein. Gabrieli: hier legt Frau Demers eine irre Geläufigkeit an den Tag – ein erstes Ausrufezeichen. Wagner: Das Schwellwerk ermöglicht auf beeindruckend organische Weise ein crescendo/decrescendo, die Steigerungen zeigen hier auch im stufenweisen Zünden ihre Wirkung. Frau Demers absolut Wagner-geeignet, Timing, Phrasierung, alles passt. Nach der Pause geht es virtuos weiter, bis man sich schließlich beim Strawinsky ebenso ungläubig wie geflasht fragt, was man denn bitte noch alles aus diesem Instrument hervorzulocken vermag – nur damit einem die folgende, irrwitzige Pedalorgie der Paganini-Variationen darauf prompt eine Antwort gibt, welche die Zuhörer offenen Mundes oder von Ohr zu Ohr grinsend mit tosendem Applaus honorierten.