
Louis Vierne – Sinfonie für Orgel Nr. 3 fis-Moll op. 28
(Pause)
Pierre Cochereau – Boléro sur un thème de Charles Racquet
für Orgel und Schlagzeug
Jean-Pierre Leguay – Letzter Satz / aus: Sonate für Orgel Nr. 1
sowie Improvisationen von Olivier Latry
Zugaben:
Alexandre Guilmant – Finale (Allegro assai) /
Jean-Pierre Leguay – Letzter Satz / aus: Sonate für Orgel Nr. 1
sowie Improvisationen von Olivier Latry
Zugaben:
Alexandre Guilmant – Finale (Allegro assai) /
aus: Sinfonie Nr. 1 d-Moll op. 42
Johann Sebastian Bach / Marcel Dupré – Sinfonia aus der Kantate
Johann Sebastian Bach / Marcel Dupré – Sinfonia aus der Kantate
»Wir danken dir Gott, wir danken dir« BWV 29
Olivier Latry – Orgel
Thomas Schwarz – Schlagzeug
Moisés Santos Bueno – Schlagzeug
Früher hätte mich die Pappnase, die ihr Handy nicht aus bekam, (oder bekommen wollte?) genötigt, wieder mal eine Abhandlung über die Verkommenheit der Welt im Allgemeinen und den Sittenverfall im Konzertleben im Besonderen zu verspeien. Heute reicht es zumindest noch für einen galligen Einstieg. Nützt ja nix. Die Welt ist voller Pappnasen und die Wahrscheinlichkeit, dass sich davon eine (genau genommen waren es heute derer zwei, wobei das erste Näslein recht schnell die richtige Taste fand) in die Elbphilharmonie verirrt, alles andere als gering. Ich möchte mich aber lieber auf jene Zeitgenossen fokussieren, die auch heute noch wie eh und je ein Herz für die Musik und Respekt für jene besitzen, die sie wieder und wieder zum Leben erwecken. Nichts weniger hat auch Herr Latry verdient, ein absoluter Meister seines Fachs, der mir spätestens mit seinen Einspielungen der Werke Messiaens ein Begriff geworden ist.
Von Louis Vierne findet sich das ein oder andere in meinem CD-Regal, die Sinfonie war mir aber bislang unbekannt. Ich kann nicht sagen, dass der Stil Viernes hier sofort Begeisterungsstürme bei mir hervorgerufen hat. Namentlich die Themen und Melodik haben mich (fürs erste zumindest) weniger abgeholt. Ungeachtet dessen sind einige Höhepunkte für mich hängengeblieben: Der Schlussabschnitt des zweiten Satzes – zart, zerbrechlich, irgendwie aus aus einer ganz anderen Sphäre. Ebenso der gesamte letzte Teil des anderen langsamen Satzes, des vierten – eine innige Melodie, berührend. Der dritte Satz insgesamt mit seinem verwunschen/verschrobenen Duktus nicht uninteressant. Nach dem ersten Hören haben mir die drei Mittelstücke jedenfalls besser gefallen als der Bombast in den ausladenden Ecksätzen.
Cochereau: Bolero mal anders. Crescendo und Decrescendo, eher Lohengrin-Vorspiel oder Messiaens „Apparition de l’église éternelle“ mit ihren Bogenformen als Ravels Tanzmaschine Richtung Kollaps. Die Kombination von Orgel und Schlagzeugern funktioniert in der Elphi-Akustik makellos, ob Zusammenspiel mit der Militärtrommel, Beckenschläge auf dem dynamischen Höhepunkt, oder Triangelglanz. Dazu bin ich hier in puncto musikalisches Material voll an Bord. Attestiert der Programmhefttext dem Werk vor allem einen mysteriösen, bedrohlichen Charakter, so ist die emotionale Gemengelage doch weitaus ambivalenter – Erhabenheit, Stolz und Triumph haben gleichsam ihren Platz in diesem mitreißenden opus. Oder um ein Urteil im YouTube-Jargon zu fällen: playlist! Keine Frage.
Mit dem Leguay kommt danach schwere Kost aufs Tableau, wenig melodisch, aber in Bezug auf Klangmixturen dafür sehr ergiebig. Außerdem kann Herr Latry mit diesem Stück seines Notre-Dame-Kollegen auf ganz andere Art virtuos glänzen. Nicht unbedingt berührend, aber Staunen machend.
Zu guter Letzt rundet noch die Facette des Improvisateurs Latry das offizielle Programm ab: Herr Cornelius betritt mit einem Notenblatt die Bühne und reicht es dem Solisten, der wiederum, nachdem er das Material einmal Zeile für Zeile vorgetragen hat, eine etwa viertelstündige Improvisation daraus kreiert. Leider war ich heute nicht in der Einführung, daher kann ich nur mutmaßen, wie die Auswahl der Fragmente vonstatten gegangen ist, mit der Latry offenbar spontan umzugehen hat. Außer dem „Freude schöner Götterfunken“-Thema habe ich dummerweise nichts bei der kurzen Präsentation erkannt, was die mögliche akustische Schnitzeljagd für mich etwas einschränkte, den Effekt aber nicht im Geringsten schmälerte – die vollkommene Faszination, einem ernsthaften, vielseitigen, komplexen, mal innigem, mal überbordend virtuosem, zum Ende hin triumphalen Gebilde bei seiner Entstehung (und gleichzeitigem Vergehen) live beiwohnen zu dürfen.
Die Besucher zeigen sich erfreulicherweise gleichsam begeistert darüber und ringen Latry noch zwei Zugaben ab: zuerst mit dem opulenten Finale aus Guilmants 1. Sinfonie einen vermeintlichen Rausschmeißer, bevor dann mit der Kunst Bachs (natürlich in der Bearbeitung eines Franzosen) die Pariser Außenstelle für heute ihre Pforten schließt.
Olivier Latry – Orgel
Thomas Schwarz – Schlagzeug
Moisés Santos Bueno – Schlagzeug
Früher hätte mich die Pappnase, die ihr Handy nicht aus bekam, (oder bekommen wollte?) genötigt, wieder mal eine Abhandlung über die Verkommenheit der Welt im Allgemeinen und den Sittenverfall im Konzertleben im Besonderen zu verspeien. Heute reicht es zumindest noch für einen galligen Einstieg. Nützt ja nix. Die Welt ist voller Pappnasen und die Wahrscheinlichkeit, dass sich davon eine (genau genommen waren es heute derer zwei, wobei das erste Näslein recht schnell die richtige Taste fand) in die Elbphilharmonie verirrt, alles andere als gering. Ich möchte mich aber lieber auf jene Zeitgenossen fokussieren, die auch heute noch wie eh und je ein Herz für die Musik und Respekt für jene besitzen, die sie wieder und wieder zum Leben erwecken. Nichts weniger hat auch Herr Latry verdient, ein absoluter Meister seines Fachs, der mir spätestens mit seinen Einspielungen der Werke Messiaens ein Begriff geworden ist.
Von Louis Vierne findet sich das ein oder andere in meinem CD-Regal, die Sinfonie war mir aber bislang unbekannt. Ich kann nicht sagen, dass der Stil Viernes hier sofort Begeisterungsstürme bei mir hervorgerufen hat. Namentlich die Themen und Melodik haben mich (fürs erste zumindest) weniger abgeholt. Ungeachtet dessen sind einige Höhepunkte für mich hängengeblieben: Der Schlussabschnitt des zweiten Satzes – zart, zerbrechlich, irgendwie aus aus einer ganz anderen Sphäre. Ebenso der gesamte letzte Teil des anderen langsamen Satzes, des vierten – eine innige Melodie, berührend. Der dritte Satz insgesamt mit seinem verwunschen/verschrobenen Duktus nicht uninteressant. Nach dem ersten Hören haben mir die drei Mittelstücke jedenfalls besser gefallen als der Bombast in den ausladenden Ecksätzen.
Cochereau: Bolero mal anders. Crescendo und Decrescendo, eher Lohengrin-Vorspiel oder Messiaens „Apparition de l’église éternelle“ mit ihren Bogenformen als Ravels Tanzmaschine Richtung Kollaps. Die Kombination von Orgel und Schlagzeugern funktioniert in der Elphi-Akustik makellos, ob Zusammenspiel mit der Militärtrommel, Beckenschläge auf dem dynamischen Höhepunkt, oder Triangelglanz. Dazu bin ich hier in puncto musikalisches Material voll an Bord. Attestiert der Programmhefttext dem Werk vor allem einen mysteriösen, bedrohlichen Charakter, so ist die emotionale Gemengelage doch weitaus ambivalenter – Erhabenheit, Stolz und Triumph haben gleichsam ihren Platz in diesem mitreißenden opus. Oder um ein Urteil im YouTube-Jargon zu fällen: playlist! Keine Frage.
Mit dem Leguay kommt danach schwere Kost aufs Tableau, wenig melodisch, aber in Bezug auf Klangmixturen dafür sehr ergiebig. Außerdem kann Herr Latry mit diesem Stück seines Notre-Dame-Kollegen auf ganz andere Art virtuos glänzen. Nicht unbedingt berührend, aber Staunen machend.
Zu guter Letzt rundet noch die Facette des Improvisateurs Latry das offizielle Programm ab: Herr Cornelius betritt mit einem Notenblatt die Bühne und reicht es dem Solisten, der wiederum, nachdem er das Material einmal Zeile für Zeile vorgetragen hat, eine etwa viertelstündige Improvisation daraus kreiert. Leider war ich heute nicht in der Einführung, daher kann ich nur mutmaßen, wie die Auswahl der Fragmente vonstatten gegangen ist, mit der Latry offenbar spontan umzugehen hat. Außer dem „Freude schöner Götterfunken“-Thema habe ich dummerweise nichts bei der kurzen Präsentation erkannt, was die mögliche akustische Schnitzeljagd für mich etwas einschränkte, den Effekt aber nicht im Geringsten schmälerte – die vollkommene Faszination, einem ernsthaften, vielseitigen, komplexen, mal innigem, mal überbordend virtuosem, zum Ende hin triumphalen Gebilde bei seiner Entstehung (und gleichzeitigem Vergehen) live beiwohnen zu dürfen.
Die Besucher zeigen sich erfreulicherweise gleichsam begeistert darüber und ringen Latry noch zwei Zugaben ab: zuerst mit dem opulenten Finale aus Guilmants 1. Sinfonie einen vermeintlichen Rausschmeißer, bevor dann mit der Kunst Bachs (natürlich in der Bearbeitung eines Franzosen) die Pariser Außenstelle für heute ihre Pforten schließt.