20:00 Uhr, Etage 13, Bereich E, Reihe 3, Platz 13

Gustav Mahler – Sinfonie Nr. 6 a-Moll
Eine der packendsten Mahler-Interpretationen seit langem. Vor mehr als zehn Jahren hatte mich Herr van Zweden im Concertgebouw Amsterdam, nicht mit dem danach benannten Orchester, sondern den Radio-Philharmonikern, schon einmal restlos begeistert (Link). Heute fügte er mit Mahlers 6. eine ähnlich intensive Darbietung hinzu. Schrieb ich damals von einem "Energietransfer sondergleichen", so trifft das auf das heutige Gastspiel in der Elphi in kaum steigerungsfähiger Weise zu. Ich kann mich nicht erinnern, diese symphonische Dampfwalze mit ähnlicher oder gar mehr Wucht über mich hinweggefegt erlebt zu haben. Aber es ist nicht allein die Vehemenz, sondern gleichermaßen Klarheit und Finesse, die mich zu dem persönlichen Fazit hinreißen lassen: besser geht es für mich kaum. Daran hat selbstverständlich das Chicago Symphony Orchestra mit seiner Kombination aus technischer Perfektion und spektakulärem Klang (und nicht nur das Blech) seinen Anteil.
Einziger minimaler Wermutstropfen war, dass sich für mich heute die Frage beantwortet hat, ob mein Lieblingsplatz weiterhin mein Lieblingsplatz ist, und die Antwort ist leider jein. Sicher sind sowohl die objektive Klangpracht als auch Durchhörbarkeit gerade in einem solch stark besetzten Werk hier wohl unerreicht, doch hat sich mein persönlicher Live-Geschmack offenbar doch etwas mehr in Richtung akustischer Überwältigung entwickelt. Das war im groben und ganzen immer schon so – mit gesitteter Berieselung konnte ich noch nie etwas anfangen (und die ist auf diesem Platz auch nie der Fall), aber ich hätte heute tatsächlich gern etwas weiter vorn im hinteren Parkett gesessen, um Hammerschläge und Furor mit noch mehr Schmackes um die Ohren gepfeffert zu bekommen.
Ob es an veränderten Hörgewohnheiten oder schlichtweg Abstumpfung liegt, kann ich nicht sagen. Es scheint sich nur ein Muster abzuzeichnen, dass mich ja beispielweise bei Mäkeläs Mahler (Link) auf demselben Platz regelrecht ratlos zurückließ – ich glaube, ich habe dem Mann bzw. seiner Interpretation seinerzeit Unrecht getan. Es ist, wie es ist und ich werde mal in mich gehen müssen, um zu entscheiden, ob ich dieses Abo hier oder auf einem anderen Platz die nächsten Jahre fortführen möchte. Luxusprobleme im Akustikparadies.