20. Februar 2015

Spark – Wild Territories (CD-Release).
Edel AG Hamburg.

20:00 Uhr



Worüber ich heute nicht schreiben möchte: Crossover-Exegese; Pop-Klassik oder doch Klassik-Pop; Schubladen-Triangulation.

Worüber ich nur allzu gern schreiben möchte: Hingabe; den Faktor Live-Erlebnis; einen fulminanten Abend, gestaltet von Künstlern, die mitrissen.

Anders formuliert: Ob es sich bei Spark nun um eine (klassische) Band, ein Kammermusikensemble oder eine Abordnung Modebegeisterter handelt, die ihre extravagante Garderobe einfach gern zu Musik präsentieren, ist angesichts des Energietransfers, den das Quintett im akustisch dafür eigentlich wenig geeigneten Foyer der Edel AG im Rahmen seiner Album-Präsentation geleistet hat, mehr als unerheblich. Was zählt ist, daß diese Formation ohne Zweifel alles mitbringt, um Begeisterung für Musik auszulösen. Nicht zuletzt fulminante Virtuosität, bei der sich ein ganz sicher auch kalkuliertes Staunen machen Wollen mit der spürbaren puren Freude an den eigenen Fähigkeiten auf sehr sympathische Art die Waage hält.

Überhaupt ist Sympathie ein gutes Stichwort. Neben dem unverkrampften Auftreten der Musiker tragen beispielsweise auch die kleinen Anmoderationen und Erläuterungen zu den Stücken, vorgetragen von Herrn Koschitzki, viel zur herzlichen Atmosphäre des Abends bei. Bei den Werken selbst wurde auf eine abwechslungsreiche, facettenreiche Abfolge geachtet, die es den Beteiligten erlaubte, jeweils auch solistisch in Erscheinung zu treten – zum Teil auch mit reinen Solostücken, wie sie Herr Plumettaz am Cello oder Herr Cheung am Piano darboten. Der ohrenfällige Leitcharakter gebührt jedoch in der Fülle der Kompositionen dem Blockflötenspiel von Frau Ritter und Herrn Koschitzki, präsentiert in jeder erdenklichen Abstufung, inklusive fliegenden Instrumentenwechseln innerhalb eines Stückes. Auch hier erlebt man Virtuosität nie als Selbstzweck, immer als Zauber, kontrollierter Übermut vielleicht, als Funke, der ein wahres Begeisterungsfeuerwerk entfacht.

Man könnte noch genauer auf die einzelnen Stücke eingehen, oder auf deren mehrheitlich zeitgenössische Urheber, aber beim Hören stellte sich mir vor allem eine generelle Frage: Besteht die Möglichkeit, die Kraft und Energie, die Spark in den eher kurzen Stücken entfaltet, auch in größere Formen zu übertragen – sagen wir mal in ein längeres Konzert mit „klassischer“, dreiteiliger Satzfolge? Oder überhaupt eine Kombination, in denen das solistische Geflecht in einen Orchesterrahmen eingebunden wäre? Ein nachträglicher Besuch der Internetpräsenz, genauer auf dem verlinkten Blog, scheint unter dem Eintrag „The Kiss was on Fire!“ die Vorwegnahme solcher Gedankenspiele kund zu tun. Nun sind mir weder Stück noch Komponist bekannt, aber ist dort die Aufführungsdauer des durch ein Kammerorchester begleiteten Werks mit 45 Minuten angegeben. Das klingt spannend.

Bleibt also abzuwarten, welche Entwicklungen dieses interessante Ensemble in Zukunft noch durchlaufen wird – für mich als Klassik... besser Musikfreund war der Abend in jedem Fall eine schöne Bestätigung, daß der Neugierde durchaus alternative, geräumige, zeitgenössische Felder zwischen den Polen musica viva und Musical offen stehen.