Wolfgang Amadeus Mozart – Violinkonzert G-Dur KV 216
Arnold Schönberg – Verklärte Nacht op. 4
(Pause)
Ludwig van Beethoven – Violinkonzert D-Dur op. 61
Zugabe: Jean Sibelius – Humoreske Nr. 5
Ich weiß nicht, ob Mitglieder der Hamburger Camerata das heutige Konzert besucht haben, aber die Überlegung kam mir unweigerlich in den Sinn. Verbunden mit der Frage, welche Gefühle und Gedanken sie bei diesem hypothetischen Blick auf die Bremer Kollegen beschlichen hätten. Bewunderung? Neid? Motivation? Gleichgültigkeit?
Für mich war es ziemlich erhellend bzw. wie man es nimmt auch erschütternd, die beiden Kammerorchester im Abstand von weniger als einer Woche zu erleben. Erschütterung wahlweise aufgrund der unfreiwilligen nachträglichen Abwertung der Camerata-Leistung in Erfahrungsnachbarschaft zur Konkurrenz südlich der Elbe, gleichsam angesichts der über jeden Vergleich erhabenen Perfektion der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen an sich.
Die Kombination mit Christian Tetzlaff sollte sich als ideal erweisen. Sicher, hier und da konnte ich mich im Mozart und später auch im Beethoven kurzer Eindrücke nicht erwehren, dass an dieser oder jener Stelle ein wirklich aktiv gestaltender Dirigent noch ein paar Prozente mehr aus diesem traumhaften Klangkörper geholt hätte – Luxusprobleme. Aber zum einen ist die Kammerphilharmonie nicht zuletzt durch Järvi bestens geeicht, zum anderen drückt Tetzlaff allein schon mit seiner Spielkultur dem Ganzen seinen Stempel auf.
Es geht dabei weniger um Intonation, denn Artikulation. Dynamische Feinheiten. Ein mitunter herber, nie süßlich-reiner, oft zupackender, immer involvierender Klang. Wie er das Thema des zweiten Mozart-Satzes in immer neuer Gestaltung bringt. Der unglaubliche Schwung, der den kurzen Tanzteil im dritten Satz prägt. Und schließlich jener zweite Satz des Beethoven-Konzertes – Musik gewordener Humanismus. Insgesamt betrachtet kommt der gute Ludwig heute knackig, aber immer elegant daher – mein persönliches „Problem“, dass es mich selbst bei solch exquisiten Lesarten nach der gewissen Prise Brutalität sehnt (vgl. Currentzis/Kopatchinskaja, Link).
Das Wunder des Abends ereignete sich jedoch ohnehin bereits mit Schönberg, genauer der wohl unüberbietbaren Aufführung seiner Verklärten Nacht. Was für ein Streicherklang! Samtene, homogene Perfektion, schneidend, feinst, solistisch wie im Tutti makellos. Für Ensembles wie dieses wurde das wunderschöne Stück geschrieben. Feinheiten, die die Sinne betören, dynamische Ausbrüche, die durch Mark und Bein gehen – Gott sei Dank bei sehr diszipliniertem Publikum. Manch geniale Stelle durfte ihr Werden und Vergehen in absoluter Stille erleben – himmlisch! Auch hier: Tetzlaff nicht clean, sondern facettenreich. Und nochmal zum Stück, bzw. dem für gewöhnlich ja als Alibikonzertschreck wahrgenommenen Komponisten: Was für Durchführungen! Welche Arbeit mit dem Material – und dabei Seele! Interessante Querverbindungen tun sich auf: (Vorweggenommener?) Schreker, Salome-Anklänge, später das Liebeserblühen im Walküre-Stil.
Man kann es schließlich auch so sehen: Die Tatsache, dass die Strecke zur Abkehr von der Tonalität mit Werken wie diesem gesäumt ist, versöhnt mich doch ungemein mit seiner hässlichen Endhaltestelle.
(Pause)
Ludwig van Beethoven – Violinkonzert D-Dur op. 61
Zugabe: Jean Sibelius – Humoreske Nr. 5
Ich weiß nicht, ob Mitglieder der Hamburger Camerata das heutige Konzert besucht haben, aber die Überlegung kam mir unweigerlich in den Sinn. Verbunden mit der Frage, welche Gefühle und Gedanken sie bei diesem hypothetischen Blick auf die Bremer Kollegen beschlichen hätten. Bewunderung? Neid? Motivation? Gleichgültigkeit?
Für mich war es ziemlich erhellend bzw. wie man es nimmt auch erschütternd, die beiden Kammerorchester im Abstand von weniger als einer Woche zu erleben. Erschütterung wahlweise aufgrund der unfreiwilligen nachträglichen Abwertung der Camerata-Leistung in Erfahrungsnachbarschaft zur Konkurrenz südlich der Elbe, gleichsam angesichts der über jeden Vergleich erhabenen Perfektion der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen an sich.
Die Kombination mit Christian Tetzlaff sollte sich als ideal erweisen. Sicher, hier und da konnte ich mich im Mozart und später auch im Beethoven kurzer Eindrücke nicht erwehren, dass an dieser oder jener Stelle ein wirklich aktiv gestaltender Dirigent noch ein paar Prozente mehr aus diesem traumhaften Klangkörper geholt hätte – Luxusprobleme. Aber zum einen ist die Kammerphilharmonie nicht zuletzt durch Järvi bestens geeicht, zum anderen drückt Tetzlaff allein schon mit seiner Spielkultur dem Ganzen seinen Stempel auf.
Es geht dabei weniger um Intonation, denn Artikulation. Dynamische Feinheiten. Ein mitunter herber, nie süßlich-reiner, oft zupackender, immer involvierender Klang. Wie er das Thema des zweiten Mozart-Satzes in immer neuer Gestaltung bringt. Der unglaubliche Schwung, der den kurzen Tanzteil im dritten Satz prägt. Und schließlich jener zweite Satz des Beethoven-Konzertes – Musik gewordener Humanismus. Insgesamt betrachtet kommt der gute Ludwig heute knackig, aber immer elegant daher – mein persönliches „Problem“, dass es mich selbst bei solch exquisiten Lesarten nach der gewissen Prise Brutalität sehnt (vgl. Currentzis/Kopatchinskaja, Link).
Das Wunder des Abends ereignete sich jedoch ohnehin bereits mit Schönberg, genauer der wohl unüberbietbaren Aufführung seiner Verklärten Nacht. Was für ein Streicherklang! Samtene, homogene Perfektion, schneidend, feinst, solistisch wie im Tutti makellos. Für Ensembles wie dieses wurde das wunderschöne Stück geschrieben. Feinheiten, die die Sinne betören, dynamische Ausbrüche, die durch Mark und Bein gehen – Gott sei Dank bei sehr diszipliniertem Publikum. Manch geniale Stelle durfte ihr Werden und Vergehen in absoluter Stille erleben – himmlisch! Auch hier: Tetzlaff nicht clean, sondern facettenreich. Und nochmal zum Stück, bzw. dem für gewöhnlich ja als Alibikonzertschreck wahrgenommenen Komponisten: Was für Durchführungen! Welche Arbeit mit dem Material – und dabei Seele! Interessante Querverbindungen tun sich auf: (Vorweggenommener?) Schreker, Salome-Anklänge, später das Liebeserblühen im Walküre-Stil.
Man kann es schließlich auch so sehen: Die Tatsache, dass die Strecke zur Abkehr von der Tonalität mit Werken wie diesem gesäumt ist, versöhnt mich doch ungemein mit seiner hässlichen Endhaltestelle.