20:00 Uhr, Etage 15, Bereich Q, Reihe 2, Platz 31
(Arrangement von Hermann Zumpe)
Sergej Prokofjew – Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 g-Moll op. 63
Sergej Prokofjew – Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 g-Moll op. 63
(Viktoria Mullova)
Zugabe: Misha Mullov-Abbado – Brazil
(Pause)
Johannes Brahms – Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98
Zugaben:
Johannes Brahms – Ungarischer Tanz Nr. 3 F-Dur
Johannes Brahms – Ungarischer Tanz Nr. 10 F-Dur
Mein erstes Konzert hinter dem Orchester – gar nicht so übel. Der typisch duftige Klang, den man mit zunehmender Höhe erlebt, funktioniert auch aus dieser Perspektive. Allerdings macht sich von hier aus bisweilen eine Dominanz der Bläser bemerkbar, die gerade im Brahms das klassische sinfonische Gefüge, welches in der Regel von den Streichern getragen wird, teilweise auf den Kopf stellt – weiter unten sollte man wirklich nicht sitzen, es sei denn, man möchte bewusst beim Bläserapparat ganz dezidiert einen Blick unter die Haube bzw. die Ventile riskieren.
Trotzdem sind feinste Klangmischungen erlebbar – gleich im Waldweben erweisen sich Järvi und sein Orchester als ideale Fürsprecher des Delikaten. Das Prokofjew-Konzert hat mich auf den ersten Blick nicht so angemacht, trotz vieler interessanter Klangwirkungen (z.B. Trompeten plus Solistin). Da schien mir das erste Konzert, welches ich vor kurzem an gleicher Stelle erleben durfte, auf Anhieb spannender (Link). Mullova tadellos, sieht man einmal von leicht befremdlichen Koordinations-Schockmomenten ab (Das Ab- und wieder Anmontieren der Schulterstütze im laufenden Betrieb führte zu einer unfreiwilligen Hatz, bei der sie ihren Einsatz knapp verpasste, wobei Järvi netterweise wartete. Ebenso mutete die Dämpfer-Jonglage gleichsam riskant an). Generell bestätigt sich der Eindruck, dass der Saal Geiger nicht so glänzen lässt, eine gewisse Distanz ist nicht zu leugnen, zumindest auf diese Entfernung. Wobei es sich bei der Zugabe handelte, konnte ich angesichts der Äußerung Richtung Parkett nicht vernehmen – zaubern kann die Akustik halt auch nicht. Glücklicherweise wird das Programm in der Regel im Nachhinein noch auf der Elbphilharmonie-Seite um die Zugaben ergänzt, so konnte ich nachlesen, dass es sich dabei um ein Stück ihres Sohnes handelte.
Zugabe: Misha Mullov-Abbado – Brazil
(Pause)
Johannes Brahms – Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98
Zugaben:
Johannes Brahms – Ungarischer Tanz Nr. 3 F-Dur
Johannes Brahms – Ungarischer Tanz Nr. 10 F-Dur
Mein erstes Konzert hinter dem Orchester – gar nicht so übel. Der typisch duftige Klang, den man mit zunehmender Höhe erlebt, funktioniert auch aus dieser Perspektive. Allerdings macht sich von hier aus bisweilen eine Dominanz der Bläser bemerkbar, die gerade im Brahms das klassische sinfonische Gefüge, welches in der Regel von den Streichern getragen wird, teilweise auf den Kopf stellt – weiter unten sollte man wirklich nicht sitzen, es sei denn, man möchte bewusst beim Bläserapparat ganz dezidiert einen Blick unter die Haube bzw. die Ventile riskieren.
Trotzdem sind feinste Klangmischungen erlebbar – gleich im Waldweben erweisen sich Järvi und sein Orchester als ideale Fürsprecher des Delikaten. Das Prokofjew-Konzert hat mich auf den ersten Blick nicht so angemacht, trotz vieler interessanter Klangwirkungen (z.B. Trompeten plus Solistin). Da schien mir das erste Konzert, welches ich vor kurzem an gleicher Stelle erleben durfte, auf Anhieb spannender (Link). Mullova tadellos, sieht man einmal von leicht befremdlichen Koordinations-Schockmomenten ab (Das Ab- und wieder Anmontieren der Schulterstütze im laufenden Betrieb führte zu einer unfreiwilligen Hatz, bei der sie ihren Einsatz knapp verpasste, wobei Järvi netterweise wartete. Ebenso mutete die Dämpfer-Jonglage gleichsam riskant an). Generell bestätigt sich der Eindruck, dass der Saal Geiger nicht so glänzen lässt, eine gewisse Distanz ist nicht zu leugnen, zumindest auf diese Entfernung. Wobei es sich bei der Zugabe handelte, konnte ich angesichts der Äußerung Richtung Parkett nicht vernehmen – zaubern kann die Akustik halt auch nicht. Glücklicherweise wird das Programm in der Regel im Nachhinein noch auf der Elbphilharmonie-Seite um die Zugaben ergänzt, so konnte ich nachlesen, dass es sich dabei um ein Stück ihres Sohnes handelte.
Nun zu Järvi: Der Mann der kleinen Gesten (was für ein Kontrast zu Frau Hannigan gestern) – so kontrolliert sein Dirigierstil anmutet, so effektiv wie effektvoll ist er. Die Kammerphilharmonie Bremen lässt die Bezeichnung Kammerorchester nicht als Einschränkung gegenüber auf die reine Musikerzahl bezogen „großen“ Orchestern erscheinen, sondern definiert die Gattung mit vorbildlicher Transparenz und Flexibilität ohne dabei auch nur einen Funken Power zu vermissen. Und um Power ging es dann auch nach der Pause: Das war ohne Zweifel der knackigste, kompromissloseste Brahms, den ich je gehört habe. Wenn man ein Stück wie dieses, das man aufgrund seiner Allgegenwart im Konzertbetrieb wie seine Westentasche zu kennen glaubt, in derart neuem Licht präsentiert bekommt, ist das wahrhaftig ein elektrisierendes Erlebnis. Järvi bringt den Brahms, den ich von Solti erwartet hätte (nur dass Soltis Brahms tatsächlich eine eher bedächtige Angelegenheit ist) – schnelle Tempi, peitschende Leidenschaft, die mit inniger Romantik alterniert – Kontraste bis zum Abwinken. Hinzu kommt die Qualität des Orchesters, die sich nicht allein in traumhaften Streichern, sondern exzellenten Bläsern und saftigem Schlagwerk bemisst. So sollten die Solohornstellen klingen, so hört sich ein erhabener Posaunensound an! Dieser Klangkörper als Residenzorchester, und die leidige Suche nach hanseatischer Weltklasse hätte sich erledigt.
Als Zugabe gibt es noch zwei Ungarische Tänze, die das Bremer Brahms-Konzept nahtlos weiterführen – Elan, Verve, Frische, aber immer auch Eleganz, kein plumpes Gepolter. Und natürlich wählt man hier nicht die ausgenudelten Vertreter als Rausschmeißer, sondern zwei nicht so häufig gespielte Tänze. Brahms als Überraschungsgast, vertraut-unvertraut – eine Druckbetankung, die die Innovationskraft des Bekannten feiert.