2. September 2018

Orchestre Révolutionnaire et Romantique –
Sir John Eliot Gardiner.
Elbphilharmonie Hamburg.

20:00 Uhr, Etage 13, Bereich I, Reihe 3, Platz19



Hector Berlioz – Le Corsaire / Ouverture op. 21 
Hector Berlioz – La mort de Cléopâtre / 
Scène lyrique für Mezzosopran und Orchester
(Joyce DiDonato – Mezzosopran)

Hector Berlioz – Chasse royale et orage / aus »Les Troyens«

Hector Berlioz – Je vais mourir / Monolog und Arie der Dido
aus »Les Troyens« op. 5
(Joyce DiDonato – Mezzosopran)

(Pause)

Hector Berlioz – Symphonie fantastique /
Episode de la vie d'un artiste op. 14



Der offizielle Saisonauftakt brachte gleich zwei versöhnliche Erkenntnisse: Frau DiDonatos Stimme kann, losgelöst von Selbstdarstellung und Sendungsbewußtsein, durchaus berühren und historische Aufführungspraxis muss keine furztrockene Angelegenheit sein. Denn während die Solistin sich diesmal ohne das Diven-Brimborium und jene naiv-kitschige Weltverbesserungsattitüde ihres Soloprogramms (Link) ganz in den Dienst der vorgetragenen Werke stellte, brannte Sir John Eliot Gardiner ein wahres Feuerwerk der Kontraste mit seinen revolutionär-romantischen Kollegen ab.

Ein reines Berlioz-Programm – was könnte es Schöneres zum Start in die neue Elphi-Spielzeit geben? Ein wenig skeptisch war ich nur bezüglich der beteiligten Künstler. Frau DiDonato hatte vor nicht allzu langer Zeit an gleicher Stelle einen mehr als nachdrücklichen ersten Eindruck auf mich gemacht – selten hat mich ein Liederabend so abgestoßen. Heute konnte ich mich glücklicherweise voll auf ihren stimmlichen Vortrag konzentrieren, ohne von Flitter und Schwulst abgelenkt zu werden. Nach dieser Darbietung kann ich schon eher nachvollziehen, warum die Dame einen so großen Namen in der Szene besitzt, wenn ich auch bei meinem Urteil bleibe, dass mir persönlich andere Mezzos (Garanča, Coote) noch besser gefallen. So oder so, der gesprochen-gehauchte Tod der Cleopatra war schon ein bewegendes Ereignis.

Held des Abends war für mich jedoch eindeutig Herr Gardiner mit seiner Truppe. Beileibe kein Freund der historischen Ausfführungsart, muss ich zugeben, dass die alten Instrumente mit ihrem z.T. doch sehr herben, unbehauenen Klang in Kombination mit dem knackigen Dirigat dem expressiven Berlioz gut zu Gesicht standen. Es ist schon krass, wie anders allein das Becken klang, mehr Mülltonnendeckel denn Schallverteiler, oder wie oft die Hörner ihre Windungen während eines Stückes getauscht haben. Was aber am Ende zählt, ist ein mitreißender Vortrag dieser unglaublich progressiven Werke. Die Kleopatra-Szene ist fast schon ein Vorgriff auf Berg, die Wirkung der Symphonie Fantastique auf ihre Zeitgenossen lässt sich beinahe heute noch nachspüren. Mein größter Respekt an den rüstigen Pultmeister – das Feuer, es brannte!