19:30 Uhr, Parkett rechts, Reihe 11, Platz 7
Wolfgang Amadeus Mozart – Violinkonzert Nr. 5 A-Dur KV 219
Gioacchino Rossini – Aus „Guillaume Tell“: „Ils s'éloignent enfin“ und „Sombre forêt“ (Guanqun Yu – Sopran)
Pjotr Iljitsch Tschaikowsky – Aus „Eugen Onegin“: Brief-Szene (Eva Hornyakova – Sopran)
(Pause)
Pjotr Iljitsch Tschaikowsky – Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64
Die letzte Begegnung mit Herrn Braunstein liegt nun ziemlich genau zwei Jahre zurück und ist bei mir vorbehaltlos positiv abgespeichert (Link). Das heutige Konzert hingegen würde wahrscheinlich ohne Umschweife als nur mäßig erinnerungswürdig in der zerebralen Versenkung verschwinden, wäre nicht Frau Yu mit ihrem betörenden Gesang in Erscheinung getreten. Zusammen mit Eva Hornyakova eingesprungen für die erkrankte Krassimira Stoyanova, hat mich ihre Darbietung der Rossini-Passagen mehr als aufhorchen lassen. Welch klare, feine und dabei im Forte so warme und vor allem sinnliche Stimme! Das hat man doch selten. Im Vergleich dazu wußte auch Frau Hornyakova zu begeistern, vor allem im Schlußteil ihrer Tschaikowsky-Szene mit seiner weit schwingenden Melodie, aber in der Höhe und mit zunehmender Lautstärke ist bei ihr eine gewisse Schärfe nicht von der Hand zu weisen, wo Guanqun Yu auch in dieser Lage Balsam verströmt.
Balsamisches blieb ansonsten heute Mangelware, andere, weitaus unliebsamere B-Worte sollten den Abend dominieren: belanglos, brav, beliebig, breiig – womit ich in erster Linie den Beitrag Braunsteins als Dirigent beklagen möchte, der eine weitergehende Qualifikation für dieses Amt durchweg vermissen ließ. Von einem harmlosen, tempoarmen Mozart ohne Kontur und Verve bis zu einer nur der Erinnerung nach dramatisch-rauschhaften Tschaikowsky-Sinfonie, in der sich das Schicksal heute mit verblüffend laschem Händedruck zu Wort meldete, gab es heute nichts zu hören, das man unter anderer Stabführung nicht schon ungleich spannender und ergreifender vernommen hätte.
Schade, da ich mich gerade auf die Fünfte mit den Hamburger Symphonikern gefreut hatte, deren wunderbarer Klang auch heute einen Eindruck davon vermittelte, welch elementares Erlebnis die Darbietung mit einer kontrastreichen, bissigen Marschroute hätte werden können. Allein dieser Streicherklang, zum Schmelzen schön! Es gibt doch nichts Schlimmeres, wenn geliebte Werke einfach so unmotiviert an einem vorüberplätschern – dann doch fast lieber eine richtig miese Interpretation, da kann man sich im Anschluss zumindest richtig aufregen. So bleibt nur der Eindruck, für die Dauer einer Sinfonie in einer zermürbenden Warteschleife festzuhängen, in der traurigen Gewissheit, nicht auflegen zu können. Tschaikowsky mit angezogener Handbremse.
Noch mal zurück zum Mozart. Der könnte mir ja eigentlich egal sein, lieferte in seiner einlullenden Gestalt aber wertvolle Hinweise für das Scheitern des Abends. Guy Braunstein wählt ein durchweg langsames Tempo und kümmert sich in den ersten beiden Sätzen wenig um mögliche Kontrastwirkungen. Und zwar nicht nur als Dirigent, sondern ebenso in seiner Funktion als Solist. Auch für seinen eigenen musikalischen Beitrag drängt sich mir ein Wörtchen auf: lasch. Wenn man es freundlicher formulieren wollte, könnte man vielleicht von einem zurückhaltenden Vortrag sprechen, in meinen Ohren klingt das einfach fad. Selbst die Intonation haut mich nicht aus den Schuhen, was soll mir das dann geben?
Besonders spannend nun der Wandel im dritten Satz, dessen Rhythmik Herrn Braunstein offenbar zu einer deutlich kontrastreicheren Gangart inspirierte. Plötzlich war sein Spiel präsenter, lebendiger, im alla Turca Teil geradezu ruppig – es geht also, warum aber erst jetzt? Den Eindruck auf die Faktur des Finalsatzes zu reduzieren, ginge zu kurz. Zum einen bietet auch der erste Satz genug Potenzial, sich „auszutoben“ und, viel wichtiger, Engagement muss eben nicht immer mit Aggressivität oder Wildheit gleichgesetzt werden, sondern kann sich beispielsweise in einem besonders differenzierten, sensiblen Umgang mit den Feinheiten eines zweiten Satzes äußern – was Braunstein jedoch vermied.
Fazit: Auch auf die Konzertgänger-Karriere trifft zu: Mal gewinnt man, mal verliert man. Die heutige Niederlage wird spätestens beim nächsten Tate-Treffen vergessen sein.
Gioacchino Rossini – Aus „Guillaume Tell“: „Ils s'éloignent enfin“ und „Sombre forêt“ (Guanqun Yu – Sopran)
Pjotr Iljitsch Tschaikowsky – Aus „Eugen Onegin“: Brief-Szene (Eva Hornyakova – Sopran)
(Pause)
Pjotr Iljitsch Tschaikowsky – Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64
Die letzte Begegnung mit Herrn Braunstein liegt nun ziemlich genau zwei Jahre zurück und ist bei mir vorbehaltlos positiv abgespeichert (Link). Das heutige Konzert hingegen würde wahrscheinlich ohne Umschweife als nur mäßig erinnerungswürdig in der zerebralen Versenkung verschwinden, wäre nicht Frau Yu mit ihrem betörenden Gesang in Erscheinung getreten. Zusammen mit Eva Hornyakova eingesprungen für die erkrankte Krassimira Stoyanova, hat mich ihre Darbietung der Rossini-Passagen mehr als aufhorchen lassen. Welch klare, feine und dabei im Forte so warme und vor allem sinnliche Stimme! Das hat man doch selten. Im Vergleich dazu wußte auch Frau Hornyakova zu begeistern, vor allem im Schlußteil ihrer Tschaikowsky-Szene mit seiner weit schwingenden Melodie, aber in der Höhe und mit zunehmender Lautstärke ist bei ihr eine gewisse Schärfe nicht von der Hand zu weisen, wo Guanqun Yu auch in dieser Lage Balsam verströmt.
Balsamisches blieb ansonsten heute Mangelware, andere, weitaus unliebsamere B-Worte sollten den Abend dominieren: belanglos, brav, beliebig, breiig – womit ich in erster Linie den Beitrag Braunsteins als Dirigent beklagen möchte, der eine weitergehende Qualifikation für dieses Amt durchweg vermissen ließ. Von einem harmlosen, tempoarmen Mozart ohne Kontur und Verve bis zu einer nur der Erinnerung nach dramatisch-rauschhaften Tschaikowsky-Sinfonie, in der sich das Schicksal heute mit verblüffend laschem Händedruck zu Wort meldete, gab es heute nichts zu hören, das man unter anderer Stabführung nicht schon ungleich spannender und ergreifender vernommen hätte.
Schade, da ich mich gerade auf die Fünfte mit den Hamburger Symphonikern gefreut hatte, deren wunderbarer Klang auch heute einen Eindruck davon vermittelte, welch elementares Erlebnis die Darbietung mit einer kontrastreichen, bissigen Marschroute hätte werden können. Allein dieser Streicherklang, zum Schmelzen schön! Es gibt doch nichts Schlimmeres, wenn geliebte Werke einfach so unmotiviert an einem vorüberplätschern – dann doch fast lieber eine richtig miese Interpretation, da kann man sich im Anschluss zumindest richtig aufregen. So bleibt nur der Eindruck, für die Dauer einer Sinfonie in einer zermürbenden Warteschleife festzuhängen, in der traurigen Gewissheit, nicht auflegen zu können. Tschaikowsky mit angezogener Handbremse.
Noch mal zurück zum Mozart. Der könnte mir ja eigentlich egal sein, lieferte in seiner einlullenden Gestalt aber wertvolle Hinweise für das Scheitern des Abends. Guy Braunstein wählt ein durchweg langsames Tempo und kümmert sich in den ersten beiden Sätzen wenig um mögliche Kontrastwirkungen. Und zwar nicht nur als Dirigent, sondern ebenso in seiner Funktion als Solist. Auch für seinen eigenen musikalischen Beitrag drängt sich mir ein Wörtchen auf: lasch. Wenn man es freundlicher formulieren wollte, könnte man vielleicht von einem zurückhaltenden Vortrag sprechen, in meinen Ohren klingt das einfach fad. Selbst die Intonation haut mich nicht aus den Schuhen, was soll mir das dann geben?
Besonders spannend nun der Wandel im dritten Satz, dessen Rhythmik Herrn Braunstein offenbar zu einer deutlich kontrastreicheren Gangart inspirierte. Plötzlich war sein Spiel präsenter, lebendiger, im alla Turca Teil geradezu ruppig – es geht also, warum aber erst jetzt? Den Eindruck auf die Faktur des Finalsatzes zu reduzieren, ginge zu kurz. Zum einen bietet auch der erste Satz genug Potenzial, sich „auszutoben“ und, viel wichtiger, Engagement muss eben nicht immer mit Aggressivität oder Wildheit gleichgesetzt werden, sondern kann sich beispielsweise in einem besonders differenzierten, sensiblen Umgang mit den Feinheiten eines zweiten Satzes äußern – was Braunstein jedoch vermied.
Fazit: Auch auf die Konzertgänger-Karriere trifft zu: Mal gewinnt man, mal verliert man. Die heutige Niederlage wird spätestens beim nächsten Tate-Treffen vergessen sein.