7. November 2017

Zyklus D "Große Stimmen" – Philippe Jaroussky.
Elbphilharmonie Hamburg.

20:00 Uhr, Ebene 15 J, Reihe 1, Platz 1



Georg Friedrich Händel:

- Ouvertüre aus der Oper „Radamisto“ HWV 12a/12b
- „Pensa a serbami, o cara“ – Arie aus der Oper „Ezio“ HWV 29
- „Son pur felice“ & „Bel contento“ – Rezitativ und Arie aus der Oper „Flavio“ HWV 16
- Concerto grosso Nr. 1 in G-Dur HWV 319 op. 6 – IV. Allegro
- Sinfonia für Fagott, Streicher und B.c. H-Dur HWV 338 – Adagio
- „Son stanco“ & „Deggio morire o stelle!“ – Rezitativ und Arie aus der Oper „Sirore“ HWV 24
„Arrival of the Queen of Sheba“ – Sinfonie aus „Solomon“ HWV 67
- Concerto grosso Nr. 8 in c-Moll HWV 326 op. 6 – II. Grave
- „Se Potessero i sospir miei“ – Arie aus der Oper „Imeneo“ HWV 41
- Concerto grosso Nr. 4 in a-Moll HWV 322 op. 6 – III. Largo e piano, IV. Allegro
- „Vieni, d’ empietà mostro crudele, aprimi’ l petto“ & „Vile, se mi dai morte“ – Rezitativ und Arie aus der Oper „Radamisto“ HWV 12

(Pause)

- Concerto grosso Nr. 2 in F-Dur HWV 320 op. 6 – III. Largo
- „Che mi chiama alla gloria“ & „Se parla nel mio cor“ – Rezitativ und Arie aus der Oper „Giustino“ HWV 37
- Concerto grosso Nr. 6 in g-Moll HWV 324 op. 6 – Allegro ma non troppo
- Concerto grosso Nr. 2 in B-Dur HWV 313 op. 3 – II. Largo
- „Che più si tarda omai“ & „Stille amare“ – Rezitativ und Arie aus der Oper „Tolomeo“ HWV 25
- Concerto grosso Nr. 4 in a-Moll HWV 322 op. 6 – I. Larghetto affettuoso, II. Allegro
- „Ombra cara“ – Arie aus der Oper „Radamisto“ HWV 12
- Concerto grosso Nr. 3 in G-Dur HWV 314 op. 3 – III. Adagio
- „Privarmi ancora“ & „Rompa i lacci“ – Rezitativ und Arie aus der Oper „Flavio“ HWV 16

Zugaben:
- „Qual nave smarrita“ aus der Oper „Radamisto“ HWV 12
- „Si, la voglio e l’otterro“ aus der Oper „Xerxes“ HWV 40
- „Frondi tenere ... Ombra mai fù“ aus der Oper „Xerxes“ HWV 40

(Ensemble Artaserse, Philippe Jaroussky – Countertenor)


Kein Händel-Abend ohne das herrlich ketzerische Kowalski-Zitat: Ohne Händel kann ich leben. Seine Musik ist wirklich nicht meins, nur die ruhigen Sachen berühren, diese Koloraturakrobatik lässt mich kalt, ermüdet vielmehr. Auch die Orchesterstücke unterfordern mich hart. Aber: Kompliment an den Programmfluss. Nahtlose Übergänge zwischen instrumentalem und Gesangsstücken. Zweiteilung erste Halbzeit – nicht doof!

Ensemble: Keine 20 Leutchen im Kampf gegen sich verstimmende Saiten. Historische Aufführungspraxis geht nicht emphatischer, zupackender – trotzdem bin ich da raus und vermisse vernünftige Instrumente. Der Celloklang schmalbrüstig, die Oboen und das Fagott mitunter hölzern (lag sicher nicht an den Musikern), die Violinen mal herrlich ruppig, dann aber wieder dünn. Das Cembalo vollbringt in der Saal-Akustik seltsame Klickgeräusche. Och nö. Nochmal: diese Stimmerei geht mir auf den Sack – warum dies selbst gewählte Leid mit minderem Material?

ABER: Wenn ein solches Schmonz-Verdikt mal angebracht ist, dann heute: eine Stimme wie ein Engel. Weder männlich, noch weiblich. Was für eine Phrasierung, Diminuendi, krasse Zartheiten in (gottseidank!) absoluter Stille – Wahnsinn. Die armen Podiumsplatzinhaber (ich denke mit Phantomschmerz an Kaufmann zurück), denen der direkte Glanz dieses Wunderorgans entgeht. Aber wo wir schon beim Publikum sind – viel gibt es zu schelten in diesen Tagen der Elphimanie, aber heute zeigten sich die Besucher von ihrer Schokoladenseite. Obwohl – oder wahrscheinlich dann doch gerade weil – es heute ein Programm für Spezialisten und Feinschmecker gab, war die Konzentration im Saal absolut vorbildlich. Man kann gar nicht oft genug betonen, welch eklatanter Unterschied sich unter diesen akustischen Bedingungen zwischen den Zuständen „eigentlich ganz ruhig“ und „mucksmäuschenstill“ ergibt. Im wahrsten Sinne atemberaubend, wenn sich eine einzelne, feine, überirdische Stimme in diesen Raum ergießt, Wellen der Verzückung in den Äther schickt.

Nur eine Frage stellt sich mir: warum singt der Bursche nicht Britten? wo bleibt der Apollo, wo der Oberon mit seiner unvergleichlichen Arie? Ist doch überschaubar, was der Engländer für diese Stimmlage komponiert hat, aber nicht minder betörend – genau das Richtige für diese einmalige Stimme.