20:00 Uhr, Etage 13, Bereich E, Reihe 3, Platz 13
Eine traumhafte konzertante Aufführung dieses herrlich heterogenen Opernmischwesens aus Berlioz’ Feder. Das Orchester bestens aufgelegt unter dem differenzierten Dirigat Soustrots, welches die Feinheiten ins beste Licht rückte, ohne an entsprechender Stelle mit Schmackes zu sparen – ideal für diese kontrastreiche Partitur. Die Sängerin der Marguerite offenbar eine Expertin für diese Rolle, sehr souverän, mir allerdings eine Spur zu herb. Der Tenor eigentlich mit schöner Stimme, angenehmer Mittellage aber leider mit keinerlei Höhe gesegnet, so wurde mancher Spitzenton mehr verzweifelt eng gepresst denn ausgekostet.
Auskosten ist wiederum das richtige Stichwort für Herrn Terfel, der von der ersten Sekunde seines Erscheinens auf der Bühne an dem Abend als Höllenfürst seinen Stempel aufdrückte. Terfel, der Teufel, möchte man witzeln, aber was dieser Mann an darstellerischer wie stimmlicher Präsenz und Spielfreude mitbringt, reicht für ein ganzes Ensemble. Es ist eine schiere Wonne, ihn dem ekelhaften Widerling mit solch beißender Ironie, dabei stets kontrollierter Berechnung Gestalt verleihen zu sehen und dabei gleichzeitig einer der schönsten und ausdrucksstärksten Bassbaritonstimmen zu lauschen. Die mitunter auch richtig fies klingen kann, dann wieder verführerisch beschwörend oder unmissverständlich gebieterisch – eben durch und durch wandelbar-wunderbar.
Was in gleichem Maße eben auch auf das Stück selbst zutrifft. Ich liebe diesen Zwitter aus Nummernoper und Oratorium mit seinen grellen Kontrasten und einem Reichtum an musikalischer Originalität, die mich heute wieder sprachlos zurückließ. Die Rattenfuge, der Höllenritt, klar, das sind Bomben voller Ironie, Galle und im Finale auch ganz viel Schwefel und Zunder, aber gerade auch in den intimen Passagen besitzt diese Musik soviel Subtiles, Feines, Zauberisches, stellt das ebenso seltene wie glückliche Zusammenspiel beseelter Inspiration und höchster Meisterschaft der Instrumentation dar. Die Ballade der Marguerite, wie sie vom Orchester vorbereitet, begleitet und aufgenommen wird, oder die verwunschene Irrlichtermusik, gleichsam bizarr und zart, Ohr und Gemüt hypnotisierend.
Fazit: wo Kostüm und Bühnenbild fehlen, übernimmt die Fantasie, und wenn sie so wahrhaft fantastisch wie heute befeuert wird, entsteht ein Musiktheatertriumph in uns.
Hector Berlioz – La damnation de Faust,
Dramatische Legende in vier Teilen op. 24
Marguerite – Sophie Koch
Faust – Paul Groves
Méphistophélès – Sir Bryn Terfel
Brander – Edwin Crossley-Mercer
Malmö Symfoniorkester
MDR Rundfunkchor Leipzig
Dirigent – Marc Soustrot