
Johann Sebastian Bach – Jauchzet Gott in allen Landen /
Kantate BWV 51
(Pause)
Ludwig van Beethoven – Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36
NDR Elbphilharmonie Orchester
Regula Mühlemann – Sopran
Dirigent – Herbert Blomstedt
Bei der Einführung mit Thomas Cornelius sprang Raliza Nikolov für Regula Mühlemann ein, die laut Nikolov mit dem Kreislauf zu kämpfen hatte – im Konzert war die Sopranistin dann aber ohrenscheinlich wieder voll auf der Höhe. Die Einführung selbst entwickelte sich als entspannter Plausch, bei dem Herbert Blomstedt im Mittelpunkt stand. Von Anekdoten aus dem gemeinsamen Arbeitsleben, die sowohl das ungebrochene Arbeitspensum und -Ethos des kommenden Monat seinen 98. Geburtstag begehenden Ex-Chefs des NDR, als auch dessen weiterhin geölten wie gewitzten Geist belegten, bis hin zu wunderbaren Tonaufnahmen von den Proben, mittels derer man dem unentwegt singenden Blomstedt bei der Erarbeitung von Details zumindest indirekt beiwohnen durfte, stellte die Einführung in erster Linie eine Liebeserklärung an den rüstigen Schweden dar.
Insbesondere Cornelius hatte die Stauner und Lacher auf seiner Seite, ob er nun Blomstedts unglaubliches Namensgedächtnis rühmte, seinen von ihm verliehenen Spitznamen (Der Ding Ding Ding Mann) enthüllte oder seine irrige Annahme, Opfer von Spam-Mail geworden zu sein. Wir erfahren: Der Maestro schreibt immer noch selbst und hält sich nicht lang mit Kleinigkeiten wie Geburtstagen auf – zum 120. könne man ja immer noch gemeinsam feiern. Ein Ausspruch Blomstedts bei den Proben zum Bach bleibt besonders im Gedächtnis: das stetige Ausdünnen der Orchesterstimmen in einer bestimmten Passage kommentiert er mit „es werden immer weniger … wie im richtigen Leben“. Wobei es ihm damit laut Cornelius beileibe nicht um Resignation oder Pessimismus ging – das Leben und die Musik gehen immer weiter.
Blomstedts Sicht auf Beethovens Zweite ist ein weiterer Beleg für seinen Ansatz, den Blick stets frisch zu halten. Anstatt die Sinfonie wie üblich als Vorläufer/Vorbereiter der Dritten zu sehen, überwiegt in ihr laut Blomstedt vielmehr ihr Status als eigenständige Innovation (Zitat sinngemäß: ist die Erste noch ein breiter Haydn, so kommt die Zweite mit ganz neuer Atmosphäre daher). So sinniert er darüber, wie wohl seinerzeit die Zuhörer (und Musiker) dieses Werk aufgenommen haben und möchte auch für uns Beethoven-Vertraute den Blick auf diese Neuerungen lenken.
Das Konzert selbst feiert dann drei große Bs – Bach, Beethoven, und eben Blomstedt selbst (wobei er selbst dies sicher als Unsinn abgetan hätte). Ich habe ihn zuletzt vor mehr als 5 Jahren in der Elphi erleben dürfen (Link), seinerzeit schritt er noch ohne Hilfe auf die Bühne und absolvierte den Bruckner stehend (was mein um diverse Jahrzehnte jüngerer Rücken sicher nicht ohne Murren goutiert hätte), heute wird der verdiente Orchesterleiter von einem Mitglied des NDR zum Pult geführt, wo er für die kommenden Aufgaben Platz nimmt. Und wie er diese Aufgaben wahrnimmt! Der Bach ist von der Struktur her wie in der Einführung dargelegt – von viel zu wenig zu viel. Frau Mühlemanns Sopran wunderbar, sowohl bei den Koloraruren als auch in Sachen Zartheit (zweiter Satz). Und Blomstedt geht voll mit. Die Akustik so weit vorn ist ok, der Fokus liegt dadurch allerdings, gerade bei der größeren Besetzung im Beethoven, klar auf den Streichern. Die Bläser kommen immer noch klar durch, aber auch deutlich verortbar von hinten. Nach der Pause folgt ein knackiger, tiefgründiger Beethoven. Der Kopfsatz mit Schwung, der zweite innig und kontemplativ, der dritte mit ordentlich Pepp, das Finale in agilem Tempo und mit schönen Kontrasten.
Standing ovations für Blomstedt. Der obligatorische Weg von der Bühne und zurück wird untergehakt abgekürzt, in Sachen Emotion und Inspiration ist der – er möge mir die Doppeldeutigkeit nachsehen – Altmeister für uns heute jedoch die Extrameile gegangen.
(Pause)
Ludwig van Beethoven – Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36
NDR Elbphilharmonie Orchester
Regula Mühlemann – Sopran
Dirigent – Herbert Blomstedt
Bei der Einführung mit Thomas Cornelius sprang Raliza Nikolov für Regula Mühlemann ein, die laut Nikolov mit dem Kreislauf zu kämpfen hatte – im Konzert war die Sopranistin dann aber ohrenscheinlich wieder voll auf der Höhe. Die Einführung selbst entwickelte sich als entspannter Plausch, bei dem Herbert Blomstedt im Mittelpunkt stand. Von Anekdoten aus dem gemeinsamen Arbeitsleben, die sowohl das ungebrochene Arbeitspensum und -Ethos des kommenden Monat seinen 98. Geburtstag begehenden Ex-Chefs des NDR, als auch dessen weiterhin geölten wie gewitzten Geist belegten, bis hin zu wunderbaren Tonaufnahmen von den Proben, mittels derer man dem unentwegt singenden Blomstedt bei der Erarbeitung von Details zumindest indirekt beiwohnen durfte, stellte die Einführung in erster Linie eine Liebeserklärung an den rüstigen Schweden dar.
Insbesondere Cornelius hatte die Stauner und Lacher auf seiner Seite, ob er nun Blomstedts unglaubliches Namensgedächtnis rühmte, seinen von ihm verliehenen Spitznamen (Der Ding Ding Ding Mann) enthüllte oder seine irrige Annahme, Opfer von Spam-Mail geworden zu sein. Wir erfahren: Der Maestro schreibt immer noch selbst und hält sich nicht lang mit Kleinigkeiten wie Geburtstagen auf – zum 120. könne man ja immer noch gemeinsam feiern. Ein Ausspruch Blomstedts bei den Proben zum Bach bleibt besonders im Gedächtnis: das stetige Ausdünnen der Orchesterstimmen in einer bestimmten Passage kommentiert er mit „es werden immer weniger … wie im richtigen Leben“. Wobei es ihm damit laut Cornelius beileibe nicht um Resignation oder Pessimismus ging – das Leben und die Musik gehen immer weiter.
Blomstedts Sicht auf Beethovens Zweite ist ein weiterer Beleg für seinen Ansatz, den Blick stets frisch zu halten. Anstatt die Sinfonie wie üblich als Vorläufer/Vorbereiter der Dritten zu sehen, überwiegt in ihr laut Blomstedt vielmehr ihr Status als eigenständige Innovation (Zitat sinngemäß: ist die Erste noch ein breiter Haydn, so kommt die Zweite mit ganz neuer Atmosphäre daher). So sinniert er darüber, wie wohl seinerzeit die Zuhörer (und Musiker) dieses Werk aufgenommen haben und möchte auch für uns Beethoven-Vertraute den Blick auf diese Neuerungen lenken.
Das Konzert selbst feiert dann drei große Bs – Bach, Beethoven, und eben Blomstedt selbst (wobei er selbst dies sicher als Unsinn abgetan hätte). Ich habe ihn zuletzt vor mehr als 5 Jahren in der Elphi erleben dürfen (Link), seinerzeit schritt er noch ohne Hilfe auf die Bühne und absolvierte den Bruckner stehend (was mein um diverse Jahrzehnte jüngerer Rücken sicher nicht ohne Murren goutiert hätte), heute wird der verdiente Orchesterleiter von einem Mitglied des NDR zum Pult geführt, wo er für die kommenden Aufgaben Platz nimmt. Und wie er diese Aufgaben wahrnimmt! Der Bach ist von der Struktur her wie in der Einführung dargelegt – von viel zu wenig zu viel. Frau Mühlemanns Sopran wunderbar, sowohl bei den Koloraruren als auch in Sachen Zartheit (zweiter Satz). Und Blomstedt geht voll mit. Die Akustik so weit vorn ist ok, der Fokus liegt dadurch allerdings, gerade bei der größeren Besetzung im Beethoven, klar auf den Streichern. Die Bläser kommen immer noch klar durch, aber auch deutlich verortbar von hinten. Nach der Pause folgt ein knackiger, tiefgründiger Beethoven. Der Kopfsatz mit Schwung, der zweite innig und kontemplativ, der dritte mit ordentlich Pepp, das Finale in agilem Tempo und mit schönen Kontrasten.
Standing ovations für Blomstedt. Der obligatorische Weg von der Bühne und zurück wird untergehakt abgekürzt, in Sachen Emotion und Inspiration ist der – er möge mir die Doppeldeutigkeit nachsehen – Altmeister für uns heute jedoch die Extrameile gegangen.