17. Juni 2019

Liederabend – Christiane Karg / Thomas Quasthoff /
Justus Zeyen. Elbphilharmonie Hamburg, kleiner Saal.

Einführung 18:30 Uhr, 19:30 Uhr, Reihe 1, Platz 21



Belles Amours

Ausgewählte Lieder von Francis Poulenc und Claude Arrieu
Lesung von Texten von Louise de Vilmorin

Francis Poulenc – Trois poèmes de Louise de Vilmorin
Louise de Vilmorin – Leben und Lieben der Louise de Vilmorin
Claude Arrieu – Poèmes de Louise de Vilmorin
Louise de Vilmorin – Auszüge aus den Romanen "Madame de ..." und "Liebesgeschichte"
Francis Poulenc – Métamorphoses

(Pause)

Louise de Vilmorin – Auszug aus dem Roman "Belles Amours"
Claude Arrieu – Le sable du sablier
Louise de Vilmorin / Duff und Diana Cooper – Eine Liebe zu Dritt / Auszüge aus Briefen
Francis Poulenc – Fiançailles pour rire

Christiane Karg – Sopran

Thomas Quasthoff – Lesung
Justus Zeyen – Klavier



Hatte sich in der – überaus erfrischenden und vor allem in Bezug auf die Vortragsanweisungen Poulencs sehr erhellenden – Einführung durch Frau Pfister bereits angedeutet, dass der Gegenstand des Lesungsanteils des Abends mich nicht unbedingt immens fesseln würde, bestätigte sich dies dann im Vortrag Quasthoffs. An und für sich könnte ich mir durchaus vorstellen, diesem wohlig-warmen Timbre auch bei der Artikulation von Bedienungsanleitungen oder Telefonbüchern gebannt zu lauschen, was jedoch nichts daran ändert, dass mich weder der Einblick in die Privatheiten der Dichterin, noch ihre Arbeitsproben nachhaltig erreichten. Mag sein, dass die Begegnung mit „pikanten“ Einzelheiten aus Biographie und schmachtendem (Brief-)Verkehr dem geneigten bildungsbürgerlichen Publikum ein frivoles Kichern zu entlocken vermag, mir persönlich sagte das alles herzlich wenig. Was natürlich einfach daran liegen kann, dass mir Frau Vilmorin bis zum heutigen Tage gänzlich unbekannt war und ich für gewöhnlich wenig Erbauung aus der Schilderung intimer Details Fremder ziehe.

Deutlich interessanter gestaltete sich jedoch die Einführung in das lyrische Werk der Künstlerin, wobei hier einerseits Herr Poulenc mit kompositorischer Hilfestellung der Ausschlag gebende Faktor gewesen sein dürfte, darüber hinaus Frau Kargs himmlische Stimme ihren Teil dazu beitrug. Musikalisch besonders fesselnd gestaltete sich vor allem der Zyklus „Fiançailles pour rire“, auch weil er unzweifelhaft nach dem Poulenc klingt, den ich aufgrund von Werken wie „Gloria“ oder den „Karmelitinnen“ sehr schätze. Die übrigen Lieder, ob nun von Poulenc oder seiner Kollegin Arrieu verfasst, konnten dieses Niveau zumindest nach erstmaligem Hören nicht halten. Ganz unabhängig davon ist die Leistung von Frau Karg allerdings nicht hoch genug zu bewerten. Ein lyrischer Sopran, wie er perfekt für Mahlers „Himmlisches Leben“ ist, zart und fein mit einer berührend unschuldigen Note, die bei Bedarf aber auch jederzeit ins keck Kokette oder auch feurig Dramatische umschlagen kann. Ihre stimmdarstellerische Wandelbarkeit beweist Frau Karg mit jedem einzelnen Beitrag, mal lässt sie die Noten fahl im Raum stehen, oder entrückt ersterben, dann wiederum erfüllt ihr glühendes Forte triumphierend den Saal. Macht es mich schon ein wenig wehmütig, Justus Zeyen mit seinem im klassischen Bereich leider verstummten Liedpartner Quasthoff auf einer Bühne zu sehen, wird dieser Umstand mehr als wett gemacht, wenn man erkennt, wie wunderbar das Duo Karg/Zeyen bei diesen duftigen Miniaturen harmoniert.

Fazit: Ein kleiner, feiner Abend, eine unwahrscheinliche Symbiose aus Melancholie und Leichtigkeit.