Auch wenn Debussy insgesamt betrachtet nicht wirklich zu meinen ausgemachten Lieblingen zählt, genauer gesagt in die Kategorie "zweifellos erste Liga aber nicht mein Spielsystem" fällt, hat mich seine einzige vollendete Oper schon seit dem ersten Kennenlernen gleichermaßen angesprochen wie fasziniert. Als unachtsamer Abonnent war ich davon ausgegangen, das Werk nach ein paar Produktionen an Opernhäusern diesmal wohl konzertant in der Elbphilharmonie zu erleben. So weit, so falsch, wie spätestens bei Saaleinlass der Blick auf die Bühne verriet: Allerlei knorriges Gehölz überwucherte weite Teile des Orchesterraums und die Plätze der Musiker gleich mit. Durchgehender Waldboden, ganz vorn ein Brunnen, im Hintergrund angedeutete höfische Architektur, zur Illumination ein paar Neonröhren.
Später gesellten sich die Sänger in einfachen, "traditionellen" Kostümen hinzu sowie die Orchestermusiker nebst Dirigent in langen "Waldgewändern". Die Inszenierung, wohl von Iván Fischer selbst und einem Herrn Gandini erdacht, lieferte jetzt nicht unbedingt eine tiefenpsychologische Auslotung, wie sie dem Gehalt des Werks angemessen wäre, sondern sorgt dafür, dass die beteiligten Sängerdarsteller gemäß der Handlung ein bisschen was zu tun haben, schafft Orte, an denen sie rumstehen können, so dass der Abend für den Debussy-Unkundigen sicher deutlich verdaulicher geriet. Simpel aber dienlich, könnte man zusammenfassen. Die deutschen Übertitel taten das Ihrige dafür – die Atmosphäre im leider mit Lücken besetzten Saal war insgesamt in Ordnung.
Die per Hebebühne emporsteigenden Schloss-Elemente hatten zudem den Vorteil, dass die Sänger ihre Beiträge oft von hinten über das Orchester hinweg liefern konnten, was bekanntlich die ratsame Konstellation in der Elphi darstellt. Die Stimmen wurden aber ohnehin nie verdeckt, Kraft der allgemein sehr transparenten Partitur und Fischers umsichtigen Dirigates. Gesanglich bot die Besetzung keine Schwachstellen, die Akustik bietet eh ein Fest für Zartheiten – an denen es im Werk nicht mangelt und die allen voran von Frau Petibon entsprechend zauberisch gestaltet wurden, nicht allein im entrückt-bedrückenden Finale.
Es gibt unzählige Gründe, nicht zuletzt Noten, warum ich diese Oper sehr gerne mag. Melisandres Arie vor dem Treffen mit Pelleas zum Beispiel und die darauf folgende Szene zu zweit: das Haar, die Liebe – ein Leuchten nach langem Darben in bedrückendem Zwielicht. Womit nicht nur das Paar, sondern auch der Hörer gemeint sind. Erst das weitgehende Verharren in musikalischem Halbdunkel bis zu diesem Moment lässt ihn selbst so strahlen. Oder die charakterlichen Finessen der Partitur: wie sich etwa der Stimmungswandel des Golaud auch durch stimmlichen Wandel manifestiert, wie seine (scheinbare?) Güte in Härte umschlägt, nicht nur gegenüber Melissande, sondern vor allem in den Szenen mit Ynoild. Es hilft natürlich, wie genial diese Ambivalenz schon im Text angelegt ist, wenn er beispielsweise noch in vermeintlich liebevollem Ton zu Mellisande sagt: "Deine Hände, die ich wie Blumen zerdrücken könnte ...".
Es gibt unzählige Gründe, nicht zuletzt Noten, warum ich diese Oper sehr gerne mag. Melisandres Arie vor dem Treffen mit Pelleas zum Beispiel und die darauf folgende Szene zu zweit: das Haar, die Liebe – ein Leuchten nach langem Darben in bedrückendem Zwielicht. Womit nicht nur das Paar, sondern auch der Hörer gemeint sind. Erst das weitgehende Verharren in musikalischem Halbdunkel bis zu diesem Moment lässt ihn selbst so strahlen. Oder die charakterlichen Finessen der Partitur: wie sich etwa der Stimmungswandel des Golaud auch durch stimmlichen Wandel manifestiert, wie seine (scheinbare?) Güte in Härte umschlägt, nicht nur gegenüber Melissande, sondern vor allem in den Szenen mit Ynoild. Es hilft natürlich, wie genial diese Ambivalenz schon im Text angelegt ist, wenn er beispielsweise noch in vermeintlich liebevollem Ton zu Mellisande sagt: "Deine Hände, die ich wie Blumen zerdrücken könnte ...".
Was kann ich noch als Debussy-Laie sagen? "La Mer" klingt des Öfteren an. Wenig Wagner, einmal Waldweben, teilweise Parsifal, aber insgesamt klar das eigene, zarte Gespinst Debussys – mustergültig dargeboten von allen Beteiligten, aber nicht unbedingt einfach für die Konzentration – Kontraste im Kleinen, wenig Tempoverschärfungen und eben der bereits angesprochene düster-nebulöse Grundton, der sich wie ein schweres Tuch über weite Teile der Oper legt. Kurz: Genau mein Ding.
Pelléas et Mélisande – Claude Debussy
Oper in fünf Akten
Bernard Richter – Pelléas
Patricia Petibon – Mélisande
Nicolas Testé – Arkel
Yvonne Naef – Geneviève
Tassis Christoyannis – Golaud
Oliver Michel – Ynoild, Sohn von Golaud
Peter Harvey – ein Arzt/ein Schäfer
Anna Biagiotti – Kostüme
Andrea Tocchio – Bühnenbild
Tamás Bányai – Licht
Róbert Zentai – Technischer Direktor
Wendy Griffin-Reid – Bühnenmanager
Heide Stock – Regieassiszenz
Iván Fischer und Marco Gandini – Regie
Musikalische Leitung – Iván Fischer
Budapest Festival Orchestra
Oper in fünf Akten
Bernard Richter – Pelléas
Patricia Petibon – Mélisande
Nicolas Testé – Arkel
Yvonne Naef – Geneviève
Tassis Christoyannis – Golaud
Oliver Michel – Ynoild, Sohn von Golaud
Peter Harvey – ein Arzt/ein Schäfer
Anna Biagiotti – Kostüme
Andrea Tocchio – Bühnenbild
Tamás Bányai – Licht
Róbert Zentai – Technischer Direktor
Wendy Griffin-Reid – Bühnenmanager
Heide Stock – Regieassiszenz
Iván Fischer und Marco Gandini – Regie
Musikalische Leitung – Iván Fischer
Budapest Festival Orchestra